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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 45
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wie in den romanifehen gedichten, deren jede mit einem refrain fchliefst.
der reim ift vorherfchend einfdbig und mit geringen abweichungen genau,
innerhalb einer tirade geht einige male der reimvocal in einen andern über,
gleich in der erften e in a, in andern i in e , am in um, as in am. die form
fteht alfo der im Boethius bemerkten fehr nahe, es kommt aber noch eine
eigenthümlichkeit hinzu, die anfangsbuchftaben der tiraden enthalten ge
wöhnlich in der erften zeile, manchmal in allen, das alphabet nach der ge
wöhnlichen Ordnung, nur dafs das griechifche X in Chriftus auf V folgt,
daneben bemerke ich dafs W durch liy in Hymnum ausgedrückt wird und
wol die angelfachfifche, noch heute im englifchen erhaltne ausfprache anzeigt,
doch wird auch in einem abfchnitt der altdeutfchen gefpräche hu für w ge
fetzt (Nachtrag feite 11). diefe anwendung des alphabets, womit man viel
leicht dem gedächtnis zu hilfe kommen wolte, findet ficb auch bei andern
gedichten, die Meril (f. 121 anm.) zufammen ftellt: das ältefte darunter ift
ein pfahnus contra partem Donati (Meril f. 120, vergl. Bähr fuppl. 2, 245),
den der hl. Auguftin im jahr 393 gedichtet hat. er wählte, wie er ausdrück
lich fagt, diefe form, die er während feines aufenthalts in Rom und bei Am-
brofius in Mailand mochte kennen gelernt haben, um dem gemeinen volk
und den ununterrichteten verftändlich zu fein, von der tirade weicht fie in
fofern ab als die einzelnen abfchnitte darin, bis auf geringe ausnahmen, eine
gleiche zahl der zeilen enthalten, fonft aber ftimmt fie damit überein, durch
alle abfchnitte des nahe aus dreihundert langzeilen beftehenden gedichts,
geht unveränderlich (um, wie es fcheint, das auswendiglernen zu erleichtern)
der endreim £, und an dem fchlufs eines jeden abfchnitts wird als refrain
eine und diefelbe zeile wiederholt, wir hefitzen in diefem gedieht das älte
fte zeugnis von dem dafein und der volksmäfsigen natur der tirade. das lied
der belagerten in Modena vom jahr 924 (Meril 268) befteht aus neun ftro-
phen, die fämtlich auf a reimen, denn die unechtheit der dritten und vier
ten zeile der fünften ftrophe, tu murus luis fis inexpugnabilis, fis inimicis
hoftis tu terribilis , verrät der mangelnde reim auf a und der innerhalb der
zeile angehäufte auf is. auch die 28 langzeilen eines liedes von Fulbert
(Meril f. 278) gehen alle auf a aus, und es ift in fieben ftrophen abzuthei-
len. beide gedichte bilden eine Vermittelung zw'ifchen der ftrophe und
tirade.
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