SKYTHIEN
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
Skythien an, dem lornandes cap. 3 scheidet die Weichsel zwischen
Germanien und Skythien, und er nennt dieses cap. 5 mit recht Ger-
maniae terrae confinis, indem er seinen weiteren umfang his nach Asien
angibt; es unterliegt keinem zweifei, dasz auf der ganzen linken seite
des schwarzen meers fast zur Donau hin skythische Völker hausend
angenommen wurden. Philostorgios II. E. 2, 5 und Procop de h. goth.
4, 5 begreifen unter dem alten namen der Skythen auch Gothen und
Sauromaten.
Niebuhrs Vorstellung, welche Skythien hlosz mongolischen borden
einräumen will, ist auf alle weise zu verwerfen. * nicht allein treten
die Mongolen viel später in der geschichte auf als die Skythen, von
denen Ilerodot so ausführliche und lehrreiche nachricht erlheilt, son
dern diese Skythen hängen auch unzerreiszbar zusammen mit dem
groszen langsamen zuge urverwandter Völker aus Asien nach Europa,
in welches jene Mongolen nur vorübergehend einbrachen, offenbar
waltet in Skythien ein südasiatisches elemenl, das auch germanische
und sarmatische bestandtheile nicht von sich ausschlieszend neben ihnen
zugleich andere unbekannte Völker in seinem dunkeln schosze birgt,
man hat anzunehmen, dasz erst hinter Germanen, Thrakern und Slaven
die Skythen in bewegung geriethen und nur ein theil von ihnen Europa 220
erreichte, der andere, weil Europa schon erfüllt war, in Asien wohn
haft blieb, mit germanischen und sarmalischen völkernamen verflech
ten sich skythische dergestalt, dasz sie an gewissen stellen gar nicht
gesondert werden können.**
Was vorerst den namen der Skythen angeht, so haben neuere
forscher*** gemeint sie in den Tschuden wiederzufinden. Schafarik
s. 238 ff. gibt sich alle mühe darzuthun, dasz nach den lautgesetzen
griechischer und slavischer zunge 2?y.vfhjg dem namen Tschud ent
spreche, womit bekanntlich die Nordslaven einen Finnen bezeichnen:
was tschud ursprünglich ausdrücke, wisse man nicht, aus dem volks-
namen aber habe sich hernach tschud für riese und tschudo monstrum,
miraculum entfaltet, da zwischen Griechen und Slaven die laute sich
nicht verschieben, hätte schon, wenn man Übergang des ax in c ein
räumen wollte, der des & in d bedenken; doch unglaublicher ist, dasz
ein unskythischen Finnen vom slavischen machbar licigelegter name für
die alten Skythen sogar bei den Griechen allgemein gegolten haben
solle. Viel wahrscheinlicher bleibt darum die längst vorgeschlagne ab-
leitung aus der deutschen Wurzel skiutan jaculari, vom gebrauch des
spers und bogens unter allen Skythen, gerade wie viele germanische
Völker nach den Waffen heiszen. zwar völlig in Ordnung ist auch hier
die lautfolge nicht, denn dem goth. skutja, altn. skyti, ahd. scuzo
sollte gr. oxvdijg zur seite stehn; indessen kann irgend ein verborgner
* gegen sie erklärt sich auch Al. von Humboldt in der Asie centrale 1, 400
und Zeusz s. 284.
** mit groszem fug sagt Plinius 4, 25: Scytharum nomen usque quaque tran-
sit in Sarmatas atque Germanos.
*** z. b. auch Rask (saml. afhandl. 1, 334.)