Full text: Geschichte der deutschen Sprache. - Band 1 und 2

TTSrüTar 
iifiiflfcijEiEK'flK 
! 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77 
XII. 
YOCALISMÜS. 
Aller laute einfache grundlage erscheinen die vocale und erst 274 
an ihnen entfaltet sich die macht der consonanten. der vocal tönt von 
selbst, der consonant, um deutlich vernommen zu werden, bedarf einer 
gemeinschaft mit dem vocal; es sind in der stimme alle ansätze zum 
consonantlaut da, die an den vocal gefügt klarheit erlangen, der vocal 
ruht, der consonant schwebt und ergreift jenen. 
Wie in der spräche überall* waltet auch für den vocalismus tri— 
logie. aus drei vocalen stammen alle übrigen. 
Es ist ein gewaltiger satz, den uns sanskrit und gothische spräche 
zur schau tragen, dasz es ursprünglich nur drei kurze vocale gibt: 
A I U. 
Auf dem Verhältnis dieser drei laute beruht nicht nur ihre eigne 
erhaltung oder abänderung so wie die zeugung der längen und diph— 
thonge, sondern auch bildsamkeit, flexion und wollaut aller Wörter. 
Wiederum ist von den drei vocalen A der edelste, gleichsam die 
mutter aller laute, aus dem zunächst I und U hervorgegangen sind, 275 
so dasz diese dreiheil, gleich jeder andern, auf anfängliche einheit 
zurückweist. 
A wird mit ofnem vollem mund, I mit innerem halbem, U mit 
schlieszendem gesprochen. 
Nicht umsonst beginnt A in allen alphabeten, deren anordnung 
überhaupt beachtenswerth scheint; es sei hier blosz bemerkt, dasz das 
lateinische, wie mit A anhebt, mit U schlieszt (da v x y z unwesent 
liche jüngere zusätze), folglich I beinahe die mitte einnimmt, zwischen 
A und I ist E, zwischen I und U ist 0 geschaltet, geradeso gelangt 
das organ von A auf E zu I, von I auf 0 zu U. 
* drei geschlechter: masculinum femininum neutrum, drei numeri: singula- 
ris dualis pluralis, drei personen: erste zweite dritte, drei genera: activum me 
dium passivum, drei tempora: praesens praeteritum futurum, drei declinationen 
durch A I U.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.