© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
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HOCHDEUTSCHE
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isind zu ergänzen, um die Verschiedenheit auszugleichen; altn. erum
erud eru stehn für esum esud esu. hiernach sind auch pirum pirut
pirun und erum erud eru inwendig parallel, folglich musz der sg. pim
aus pirm pism, goth. im aus ism entsprungen sein wie sl. jesm (s. 306)
bestätigt, s. 312 deute ich den ausgefallnen spirant etwas anders und
gerathe auf bizvum = pirum; entscheiden müste volle bekanntschaft
mit den formen, welche die verflieszenden begriffe des seins und bauens
ausdrücken.
In der declination sind ein paar vortheile, einmal, dasz die 488
alid. spräche für lebendige substantiva, zumal personennamen den ad-
jectivischen männlichen ausgang -an bewahrt, was wieder an das sla-
vische gemahnt; dann, dasz sie den instrumentalis, der im goth. auf
einige pronominalparlikeln beschränkt ist, und auch im ags. und altn.
geringeren umfang hat, an subst. und adj. noch vollständiger entfaltet,
doch blosz am männlichen und neutralen, nicht mehr am weiblichen.
Da der instr. dem lat. ahl. gleicht, und die griech. spräche wie die
goth. mit dem dativ ausreicht, so bricht in diesem punct, und in den
meisten übrigen, berührung des ahd. mit dem latein, des goth. mit
dem gr. hervor.
Einen auffallenden gegensatz zur goth. schwachen form zeigt die
ahd. in beiden geschlechtern. denn das goth. masc. geht auf -a, das
fern, auf -ö aus, ahd. aber jenes auf -o, dieses auf -ä, so dasz goth.
ara hana ahd. aro hano, goth. tuggö azgö ahd. zunkä ascä lauten und
dem goth. adj. blinda blindö ahd. plinto plintä zur Seite steht, auf
gleiche weise unterscheiden sich goth. mannsnamen Vamba Tulga Attila
Amala von den ahd. Rando Ileimo Kero Ezilo und die goth. frauen-
namen Tulgilö Sifilö von den ahd. Uotä Helispä. Nun wird auch auszer
der flexion goth. A in ahd. 0 abgeschwächt (s. 278), aber jene Unter
scheidung mag schon hohes aller haben, Tacitus theilt uns die namen
Tuisco Vangio Sido mit, während er einem Gothen Catualda beilegt,
und die pl. Ingaevones Herminones Semnones Gothones setzen einen
sg. ahd. form auf -o voraus *. Nicht anders und noch mehr beein
trächtigt die lat. spräche A durch 0 (s. 281) und homo hominis
kommt überein mit ahd. komo komin, weicht ab von goth. guma
gumins. das lat. fern, hat wie das masc. virgo virginis. eigennamen
beider geschleckter pflegen aber dem gen. -onis mit langem 0 zu
verleihen: Otho, Plato, Juno, Dido wie temo temonis, semo semonis.
Die stamme, aus welchen, der hochdeutsche dialect herzuleiten489
ist, müssen irgend einmal, in unvordenklicher zeit dem, was die
grundlagc des lateins bildet, näher gestanden haben als dem griechi
schen allerthum, wofür dies und gothische Stämme zusammenzutreffen
scheinen, man schlage auch die abwesenheit des dualis im latein und
hochd. an, der sich im goth. wie im slav. und gr. besser bewahrte
(s. 457.)
* der suevische Nasua bei Caesar widerspricht; man hätte Nasuus (wie Ma-
roboduus) erwartet, was ein nachher zu vermutendes Näavos bestärkt.