© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
FRANKEN
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Für die flexion anzuschlagen bliebe das -as in chunnas thalaptas; einmal auch
landevevas (Lasp. 53); schwaches -o erschiene in mosido cbengisto clianasuido
christiao, vielleicht auch antedio. Da alle diese glossen nichts als nomina ge
währen, scheint für das verbum kaum arilasz, es sei denn im vermuteten gerun-
dium charoenna, oder in antedio, und dem einem förmlichen salz einmal zuge
flossenen is = est. Ich hebe noch die sichtbar weibliche ableitung auf -ina her
vor in theulasina theolasina Lasp. 39. 66. cheolasina 39. friolasina 50. 51. frio-
fastina 154 (bei Hattemer 357. 368 fribasina fribastina) frifrasigena 155. evalesina
anilasina 66. 67, in welchen allen nur zwei Wörter für ancilla (theu) und inge-
nua (fri) enthalten scheinen; doch wer unternimmt auslegungen ihres zweiten
tlieils? vgl. auch chrotarsino.
Wenigstens treffen hier gewohnte laute und formen das ohr; wenn ich in
Childeberts capitular (Pertz4, 6) 'suammala burginam’ lese, klingt mir das deutsch,
obwol die verlornen oder entstellten worte unverständlich geworden sind; ich
kann nicht finden, dasz in allen malbergischen glossen keltische spracheigenheit
aufstosze. Zwar will Leo genug eclipsen und mortificationen wahrnehmen, aber
immer trägt er sie erst, in die buchstaben der glosse ein; viel zusagender wäre
wenn ihr Wechsel aus den urkundlichen buchstaben selbst hervorgienge. wad in
wadfaltho soll 2, 36 bat stock sein, dessen aspirierte form bhat wie wat lautet;
ein erklärer könnte zu bat bhat rnhat greifen wie es ihm beliebte, niemand wird
doch zugeben, dasz vargus, von uralter zeit her bezeichnung des wolfs und ver
bannten räubers (s. 332), in der aspirierten form des gal. mairg miserandus de-
plorandus seinen grund habe, mit solchem keltischen lautw'andel, der leichtigkeit
keltischer Zusammensetzungen und partikelanlehnungen kann man die Wörter zu
allen etymologien zwingen. Scheint dennoch ein solches wort für den im text562
enthaltenen gegenständ unfiigsam, so erlaubt sich Leo in es eine so allgemeine
Vorstellung von iibelthat oder frevel zu legen, dasz es unvermeidlich einen sinn
von sich geben musz. fernere, fimire (Lasp. 60) ist z. b. eine völlig unverständ
liche glosse, in welcher es gelingen miiste die Vorstellung eines scbifs oder na-
chens aufzuweisen (ich wüste nur den gleich dunkeln eigennamen Famerofledis
aus Gregor 4, 26 hinzuzuhalten); das soll nun 'einen tollen streich’ ausdriickcn
und aus gal. fe dämonisch und mire leichtsinn zusammentlieszen. man kann an
nehmen, dasz unter allen keltischen deutungen die zu oft gebrauchten, welche
den begrif absichtliche Zugrunderichtung’, ‘arge Zerstörung , 'eselhafte schleiche-
rei , ausgezeichnet niederträchtiger streich’, 'toller streich’, 'ganz entsetzlich’
kundgeben, von vorn herein anstosz erregen müssen, da es gar nicht im geist der
alten rechtssprache ist, Verschiedenheit und abstufung der verbrechen mit so
nichtssagenden benennungen zu belegen.
Es ist vollkommen gegründet, dasz der Ursprung unsrer merkwürdigen thier
fabel wesentlich auf die Franken und vielleicht das gebiet der salischen Franken
zuriickzuleiten sei, und nichts wäre willkommner als wenn die malbergischen glos
sen zu den titeln über viehdiebstal aufschlusz über uralte thiernamen darböten. .
tactvoll hat sich darum Leo bemüht, zumal im titel de furtis avium, poetische
benennungen aus der keltischen spräche zu deuten; es würde darin auszer dem
wörtlichen einklang zugleich ein starker grund für die frühste Verbindung der
Franken und Kelten gelegen haben, aber auch hier scheint die keltische ausle-
gung nichts zu fruchten, chanaswiclo soll genau chanteclin, der im gesang blin
zelnde sein; doch gal. smeid, das erst wenn es zu smheid wird, wie swed lau
tet, bedeutet nur nicken, winken, ich kann für den ersten theil der composition
das deutsche hana chana nicht fahren lassen, das allerdings mit lat. canere nah
verwandt scheint, in swido könnte fortis liegen, doch nach den eigennamen Chram-
nisindus Galsuintha war der fränk. spräche suinth gemäsz, ohne ausstosz des N,
in suido musz also etwas anderes, das ich noch nicht rathe, enthalten sein, das
wollautende, allem anschein nach echte solampina solamphina bedeutet gallina,
und soll auf keltisch die gesangsiisze sein von sallan sang (wahrscheinlich erst
aus psalm, ahd. salm entnommen) und binn süsz, melodisch; ein name geschick
weichem fränk. CHR entsprungen wäre,
schlagen wurde -
doch widerstrebt alles, was schon s. 515 ange-