© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
HESSEN
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in II wandeln, auch erscheint in dem namen eines von den Chatten
entsprossenen nebenslanmis, auf welchen ich zuriickkominen werde,
die form Chattuarii gemildert in Halluarii und sogar Attuarii, wie wir
es in Chariberlus Haribertus Aribertus, Chilpericus Hilpericus llpericus
fanden (s. 544.) der anlaut macht also keine Schwierigkeit und für
Chatti würde ahd. Ilazzi Hazi ganz in Ordnung sein, denn auch
für Hattuarii begegnet ahd. Hazzoarii in den annalen bei Pertz 1,
7. 343.
Warum aber erscheint das seit jener letzten anführung des Sul-
pitius Alexander verschollene chattische volk zuerst wieder bei den 577
fränkischen annalisten des achten jh. durchgängig unter der benennung
Hassii oder Hessii und nicht Ilazzi Hezzii? die briefe des Bonifacius
schreiben c in confinio paganorum Ilaessonum et Saxonum\ die vila
Bonifacii Ilessi Ilessorum, die annales Einhardi (Pertz 1, 153) Ilassi,
und so finde ich überall auch in dem häufigen aus dem volksnamen
geleiteten mannsnamen Ilassi, Hassio, Hesso nur SS, nicht ZZ ge
schrieben: ‘Ilessi unus e primoribus Saxonum’ (Pertz 1, 155. a. 775)
‘cum Ilassione’ (Pertz 1, 154.) die heutige Schreibung Hessen ist
also schon durch die mhd. (Nib. 175, 1) und ahd. rechtfertig, und
es wäre überflüssig noch mehr belege zu häufen, ein Schwab oder
Baier des siebenten jh. würde in diesem volksnamen ZZ, ein Sachse
TT ausgesprochen haben, das im achten entfaltete SS erklärt sich
aus beiden, und hat andere analogien: vom goth. vitan wird das praet.
vissa für vitida, vom ahd. wizzan wissa wessa für wizzila gebildet und
eben daher entspringt das goth. adj. viss certus, ahd. kiwis gen.
kiwisses; aus alln. sitja sedere sess sella und sessa pulvinar. wir
sahen s. 358, dasz auch aus lat. sedeo sessum, aus meto messum
hcrvorgieng; es besteht eine uralte assimilation der inlautenden lingual-
muta in die spirans, zumal bei geläufigen formen wie eigennamen.
Kann hiernach die Verschiedenheit der namen Challus Chatta (und
Cliallio, wie Francus Francio) Hazzo Hassio Hesse keinen anstosz geben,
so wird auch über den ursprünglichen sinn dieses Worts wenig zweifei
bleiben; es ist zurückführbar auf eine eigenthümliehkeit der tracht,
die den ganzen volkslamm, oder vielleicht den an seine spitze treten
den heros und golt auszeichnete. Tacitus hehl zwar kein solches
kennzeichen an den Chatten hervor, es könnte etwas gewesen sein,
was allen Deutschen bemerkbar, dem äuge der Römer nicht auffiel,
ags. heiszt hät, engl, hat, altn. haltr pileus, pileolus, galerus, etwan
eine hauptbinde und haube, die sich dem ags. heafela (zeitschr. für d.
alterth. 1, 13(3) vergleicht; das ags. häter, mhd. haz, haeze (gramm.
3, 451) scheint binde und gewand in allgemeinem sinn, merkwürdig
aber führt Odinn selbst, dem wir vorhin (s. 568) auch im Helblindi 57S
begegneten, den namen Höttr pileatus (mylhol. s. 133), wie der Gelen
und Gothen priester pileali hieszen; warum sollte nicht den chatti
schen Alßrfi (s. 572) solche mitra geschmückt haben? Höttr wäre
goth. Ilattus (gen. Ilattaus) und hetja heros (myth. s. 317) könnte
ihm verwandt, ja unmittelbar ein goth. hattja = ahd. Hassio Hesso
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