FRIESEN
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
rechte selbst geben schwachformig Frisa oder Fresa, gen. Frisona
Fresena. ahd. aber gilt Frieson, mhd. Vriesen (gramm. 1, 163) und
auch mnl. Vriesen Vrieselant (Maerl. 3, 29. Stoke 1, 155) nnl. Vrie-
zen. dies IE scheint aber blosze brechung und kommt dadurch mit
dem I oder E in einklang, dessen kürze durch das 22 der griech.
Schreibung bestärkt wird, vielleicht wäre auch altn. richtiger zu setzen
Frisir, kaum umgekehrt im ags. Frysan oder Fresan. I scheint der
ursprüngliche laut.
Was bedeutet nun dieser volksname? an goth. friusan gelare,
ahd. friosan, nnl. vriezen ist nicht zu denken, dann hätten die Römer
geschrieben Freusii und welchen erträglichen sinn könnte diese wurzel
hier •. gewähren ? mir fiel das mlat. fresum frisium limbus fimbria ein,
das prov. frezar freisar, ital. fregiare, franz. fraiser border, friser cris-
pare, neben dem ags. frisle fresle baarlocke, engl, frizzle, insofern jene
romanischen Wörter deutscher abkunft sein und die Friesen von ihren
krausen, gelockten haaren den namen führen könnten, doch nirgend
ist von friesischer haartracht die rede, nirgend heiszen sie gleich den
Franken criniti, comati. Besser also scheint Zeusz s. 136 aus jenem
schwanken des I und EI ein starkes freisan frais frisun zu schlieszen,
von welchem dann das reduplicierende fraisan faifrais tentare weiter
entsprungen sein müste; für Frisans ergäbe sich leicht die meinung670
periclitantes, audaces. fast möchte ich in diesem sinn friesisch zu
werke gehn und auf ein noch einfacheres wort ralhen. wir sind in
manche geheimnisse unsrer spräche uneingeweiht und haben über den
Zutritt von Spiranten unmittelbar nach vocalen neues zu erforschen;
s. 431 wurde vorgetragen, wie sich S in bis und visan entfaltete,
nicht viel anders wird es in blesan pläsan aus bläjan, bläwan, ags.
blövan, oder in gras herba aus gröjan ags. grövan virere * entsprin
gen. auf gleichem wege könnte vom goth. freis frijis über ein fris
frisis, oder frisus, frisaus, oder frisa frisins, frizva frizvins mit sehr
verwandter bedeutung geleitet und den Friesen ein auch andern Völ
kern des alterthums, in mehr als einem ausdruck, beigelegter name
zitgesprochen werden, bedeutsam alliteriert Froncum and Frysum Beov.
5819. cod. exon. 322, 24. In einem gnomischen gedieht des cod.
exon. 339, 17 begegnet der merkwürdige sprach: leof vilcuma frysan
vife, jtonn flota stonded, bid his ceol cumen and hyre ceorl tö häm,
in den folgenden versen wird die freude des weibcs, dessen geliebter
mann (ceorl) von der seefart heimkehrt, noch mehr ausgemalt; wie
können aber die ersten worte übertragen werden: dear is the wel
come guest to the frisian wife? es müste dann stehn: frysiscan, und
noch weniger mag Frysan für den gen. Frisonis gelten, denn was soll
hier der Friese? heiszt es aber, wie ich mutmasze, dem freien weihe,
* dasz unser gras und lat. grämen (für grasmen, wie blOma blösma) zusam-
mengehören leuchtet ein; das deutsche wort führt aber auf die wurzel, nicht das
lateinische, dessen die laulverschiebung störendes GR falsch und für HR (was kein
Römer aussprach) oder CHR eingeführt scheint.
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