sches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
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FALKENJAGD
scheint ganz nomadisch aufgefaszt, da weiden pascere und venari aus
drückt, das alln. beila pastum agere pecus, das schwed. beta (mhd.
beizen) venari.
Wie unsere alten gesetze den Zeigefinger digitus quo sagittatur
nennen, ags. scytefinger*, hiesz den skalden die band haukslründ, ac-
cipitris litus, Strand, auf den der vogel seinen flug senkend sich nie-
derliiszt, der hehl selbst haukstaldr, auf dessen liand oder Schulter der
habicht sitzt, gramr oder viur haukstalda daher der könig (Sacm.
220 b 240 a ). unsern jägern stand habicht oder falke auf der linken
faust (Döbel 2, 185), ä vinstri hendi hefr hann ein hauk (Vilk. saga
cap. 244), und in allen bildern der handschriften, die ich einsah,
sitzt er auf der linken, wie in den rechtsbüchern und gedichten mit
abhauen der rechten band und des linken fuszes gestraft wird, heiszt
es im spanischen lied von Gayferos
cortenle el pie de estribo, la mano del gavilan,
unter sperberhand musz also die rechte gemeint sein; Nithart aber
sagt umgekehrt MSH. 3, 237 b
die hant die muoz er mir liie lim,
dä der sprenkelobte vogel oben Cife stät,
und dar zuo den zeswen vuoz,
dar an der sporn erklinget,
45 was offenbar dem vogel die linke band anweist, beide bände wech
selten also, kaiser Friedrich de arte ven. 2, 42 sagt ausdrücklich:
expedit enim quod portitor sciat portare falconem super utramque ma-
num, ut si ventus fuerit a sinistris, portet super dextram, et si a
dexlris, portet super sinistram, quoniam sic semper apponetur pectus
falconis vento item sunt liomines quarundam regionum, qui
consuevcrunt portare falcones in manu dextra el tantum suum modum
approbant et aliorum modum vituperant, vgl. 2, 71. Oft trugen auch
frauen auf ihrer band den falken und die jagd empfieng dadurch noch
höheren reiz, dasz sie an ihr theil nahmen.
In den alten sagen unsers volks spielt der habicht eine grosze
rolle. Sigurds habicht setzt sich in ein fenster von Brynhilds thurm,
und leitet, als jener ihn aufsucht, den bund zwischen beiden ein (Völ-
sungasaga cap. 24.)**. gleich wichtig erscheint in der sage von Ir-
manfrid und Iring der über die Unstrut entfiiegende habicht (Widukind
1, 10.) die ags. genealogien überliefern einen göttlichen stammhelden
•Vesterfalcna und die alte form eines sächsischen volksnamens lautet
Westfalah. Aus des heil. Bonifacius Briefen erhellt, dasz der könig
Aelhelbert von Kenl falken von ihm begehrte: unam rem praelerea a
vobis desidero exhiberi . . . hoc est duos falcones, quorum ars et
artis audacia sit grues veile libenter captando accipere et accipiendo
* ir. ardog, ordog pollex bedeutet den pflügenden finger, weil der daume
den pflüg faszt, und stammt aus dem ackerbauleben.
** Randver, zum galgen geleitet, rauft einem habicht alle federn aus, damit
anzuzeigen, dasz er aller ehre verlustig gehe, wie der vogel des gefieders. Völ-
sungasaga cap. 40.