Full text: Geschichte der deutschen Sprache. - Band 1 und 2

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XXVIII. 
DIE EDDA. 
760 Die edda ist ein unvergleichliches werk, denn ich wüste nicht, 
dasz bei irgend einem andern volk grundzüge des heidnischen glaubens 
so frisch und unschuldig aufgezeichnet worden wären; an solcher 
einfachen, von keiner kunst der poesie ausgeschmückten fassung, wenn 
die natur des mythus wie der spräche erkannt werden soll, liegt es 
aber, in der edda verschlingen sich götter- und heldensage, die auch 
sonst nicht von einander zu lösen sind. Snorri in der Ynglingasaga 
und noch entschiedner Saxo in seinem ganzen werk unterwerfen schon 
den mythischen stof ihrem eignen uriheil. Unter den Griechen hat 
fast allein Pausanias in seiner treflichen neQirjyrjOig der gesammelten 
volksage ihre reinheit gelassen; aber er geht ihr nur nebenbei nach. 
Hesiods darstellung ist zu dichterisch und Apollodors bibliothek zu 
nüchtern, Ovids reiche metamorphosen erscheinen weder ursprünglich 
noch ungeziert, im alterthum der übrigen Deutschen ist zufällig, etwa 
wie in griechischen schoben, einzelnes werthvolle geborgen. 
Gemeint aber wird hier die jüngere prosaedda aus drei (eigent 
lich nur zwei) theilen Gylfaginning, Bragarcedur und Skäldskaparmäl 
bestehend, deren Verfasser, allem anschein nach, Snorri nicht war, da 
dieser in Ynglingasaga, welche ihm mit gröszerem-recht zusteht, eine 
abweichende, viel bestimmtere ansicht an den tag legt. Von Snorri 
761 ist auszerdem ein hättatal oder hättalykill geschrieben worden, wel 
cher jetzt einen zur edda ungehörigen anhang, unter dem titel bragar- 
haettir bildet. 
Eben so wenig gebührt den kostbaren älteren liedern mythischen 
und epischen inhalts, deren sich ein ansehnlicher theil erhalten hat, 
und welche schon in noch gröszerer zahl dem Urheber der edda Vor 
lagen, dieser name. höchstens könnte man in einigen ungebunden 
beigefügten eingängen und Schlüssen den stil der edda wiederfinden, 
allein die lieder selbst machen kein ganzes, zusammenhängendes werk 
und ihr höheres alterthum, der edlere ton, den sie anstimmen, schlieszt 
einen namen aus, der für die erzählende weise eines Werkes späterer 
zeit überaus passend gewählt wurde.
	        
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