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DIALECTE
chen. da den Römern, von Gallien aus, zumeist die vorderen Iscae-
vonen und Ingaevonen bekannt waren, so blieb ilmen der mittlere und
hintere herminonische stamm unsicher und am wenigsten erforscht.
Ohne diese drei namen ferner zu nennen beginnt Tacilus seine be-
schreibung mit den auf der linken seite des Rheins niedergesessenen
830 Vangionen, Triboken, Nemeten, Ubiern und ßataven, gehl dann von
diesen auf die bewohner der rechten seite Mattiaker, Chatten, Usipen,
Tencterer, Bructerer, Angrivarier, Chamaven und auf die Friesen, Chau-
ken, Cherusken, Fosen, Kimbern über, dann an der Ostsee gegen die
Elbe vorschreitend beschreibt er Sueven, Semnonen, Langobarden, zwi
schen Elbe und Oder Reudinge, Avionen, Angeln, Varinen, Eudosen,
Suardonen und nun tiefer im östlichen Elbegebiet Hermunduren, Na-
risken, Markomannen, Quaden, hinter diesen zwischen Elbe, Oder und
Weichsel Marsinge, Gothinen, Ösen, Buren, die lygischen Völker Ilarier,
Manimen, Helveconen, Helisier, Navarnahalen, hinter welchen dann der
Ostsee näher Gothonen, Rugier, Lemovier und weiter ostwärts Suionen,
Aestier und Sitonen folgen, er scldieszt mit den noch tiefer in den
osten reichenden Peukinen, Baslarnen, Veneten und Fennen. Bei die
ser aufzählung sind jedoch einzelne in den annalen und historien ge
nannte westliche Völker unangefithrt geblieben, namentlich Canninefa-
ten, Gugernen, Sigambern, Marsen, Tubanten, Teutonen; wie viel an
dere, zumeist mittlere und östliche werden ungenannt sein. Die jenen
drei hauplstämmen zulretenden viere stellen sich dar als Marsen, Gam-
brivier, Sueven und Vandilier; die Marsen sind jene zwischen Rhein
und Weser, vielleicht aber den östlichen Marsingen beschlechlet; Gam-
brivier scheinen eins mit den Sigambern. Wie sich nun Tacitus seine
drei hauptstämme Iscaevonen, Ingaevonen und Herminonen aus den ein
zelnen Völkerschaften zusammengesetzt dachte, ist mit Sicherheit schwer
zu entnehmen; wir wollen erst die genauere fünftheilung des Plinius
vornehmen 4, 14:
Germanorum genera quinque : Vindili, quorum pars Burgundiones,
Varini, Carini, Guttones, alterum genus Ingaevones, quorum pars Cim-
bri, Teutoni ac Chaucorum gentes. proximi aulem Rlieno Iscaevones,
quorum pars Sicambri. mediterranei Ilermiones, quorum Suevi, Her-
munduri, Chatti, Cherusci. quinta pars Peucini, Basternae contermini
Dacis. Ohne zweifei llosz diese höchst wichtige mittheilung aus dem
831 munde von Germanen selbst und aus deutschen liedern, wie auch die
drei hauptuamen Isc Ing und Ermin das volle glied einer alliteration
bilden, dem Tacitus musz eine ähnliche, aber nicht dieselbe Vorgele
gen haben, wie das stimmende und abweichende medii und mediterra
nei, proximi oceano und proximi Rheno zeigt, wie hätte Tacilus des
vindilischen und peukinischen Stamms geschwiegen, die seinen Marsen
Gambriviern Sueven und Vandiliern nur im letzten namen begegnen?
Nach allem was vorhin (s. 825) einleuchtete gründet sich aber
die eintheilung in Ingaevonen, Iscaevonen, Herminonen auf uralten
mythus, der im andenken der Germanen des ersten jh. haftete, aber
damals schon so dunkel sein muste, dasz ihn nur die phantasie zum