XXXII.
DER ABLAUT.
842 Unter ablaut verstehn wir einen von der conjugation ausgehen
den, die ganze spräche durchdringenden regelmäszigen Wechsel der
vocale.
Unsere spräche, in jedem ihrer äste, vermag am verbum nur zwei
zeiten gegenwart und Vergangenheit auszudrücken, wodurch sie auf
fallend absteht von allen urverwandten, denen sämtlich reiche entfal-
tung der temporalunterschiede verliehen ist. aber sie tritt der hebräi
schen, gleichfalls nur zwei tempora, futurum und praeteritum bezeich
nenden einfachheit nahe*, genau betrachtet schlieszen die Vorstellun
gen der zukynft und Vergangenheit den kreis ab , da gegenwart nur
ein kleiner kaum zu haschender punct ist, der im augenblick entwe
der noch der zukunft oder schon der Vergangenheit anheimfällt, dies
hebräische aufgehn des praesens im futurum erscheint auch in unsrer
alten spräche, deren praesensform zugleich mit für das futurum gilt
(gramm. 4, 176); blosz ausnahmsweise hat die ags. mundart am ver
bum subst. ein praesens eom vom fut. beo (s. 431) geschieden, ganz
843 wie litth. esmi sum von busu ero, sl. jesm’ von budu, ir. taim sum
von biad ero abweicht.
Bei so empfindlichem mangel kommt uns aber von frühster zeit
jene eigenthümliche bestimmung der vocallaute zu statten, wodurch
zwar keine stufen der Vergangenheit ausdrückbar, allein praesens und
praeteritum, ja singularis, dualis und pluralis praeleriti auf das leb
hafteste hervorgehoben werden, erscheinen auch in den urverwandten
sprachen spuren des ablauts, so hat ihn doch keine so klar als rcgel
aufgestellt wie die deutsche.
Ich suche ganz in sein wesen einzudringen, im zwölften capitel
wurde vorgetragen wie für den vocalismus die trilogie A I U als quelle
* auch die lazisclie spräche, und wahrscheinlich andre mehr, ist auf zwei
tempora, praes. und praet. eingeschränkt (abh. der Berl. akad. 1843 s. 12.)