© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
XLII.
SCHLUSS.
1017 Unsere spräche verleugnet weder ihren Ursprung aus Asien, noch
den raum, der ihr in Europa angewiesen wurde, die Deutschen fan
den ihre stelle in der mitte von Römern und Kelten gegen Süden und
westen, von Lappen, Finnen, Litthauern und Slaven gegen norden und
osten, aus diesem osten her geschah der einzug und noch lange zeit
hielten die hintersten Germanen ferne strecken besetzt, welche nachher
von Slaven, zuletzt von Ungern und Türken zugedeckt wurden, die alte
deutsche spräche vermittelt sich also durch Thrakien auch mit der
griechischen und ohne dies Verhältnis würden wol manche ihrer eigen
heilen unaufgeklärt bleiben.
Die Stellung der europäischen sprachen gegeneinander musz aber
weit länger als unsre geschichle hinauf reicht bestanden haben, da sie
nicht blosz auf äuszerlich von den nachbarn erborgte Wörter, sondern
auf innere seit undenklicher zeit waltende gemeinschaft oder abneigung
gegründet ist. man langt nicht aus damit diese von nachweisbarem
angrenzen oder fernliegen abhängig zu machen, vielmehr können auch
ältere in der geschichte verschollene Verhältnisse wirksam gewesen sein,
wie z. b. lieszen sich einzelne eigenheiten der zendischen lautregel,
die im griechischen und welschen sich wiederholen, anders fassen?
1018 uralte berührung musz gewaltet haben, doch niemand kann sagen zu
welcher zeit und an welchem ort.
Sprachliche Verwandtschaft zeigt sich in den einfachen lauten,
bildungen, flexionen, fügungen und dem wortvorralb.
Den vocalismus des sanskrit hat allein die gothische spräche ur-
lautcr bewahrt, aus der trilogie A I U entsprieszt die der declina-
tionen, und die zwiefache der diphthonge, deren Verdichtung längen
herbeiführt (s. 843.)
Nur im sanskrit konnte guna, nur im deutschen konnte ablaut
durchdringen, jenes als reines lautgesetz, dieser als dynamische, die
wurzeln des verbums wie die flexionen des nomens bcherschende re-
gel. was sich in den übrigen urverwandten sprachen dem guna