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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
VI.
FESTE UND MONATE.
Erst unter ackerbauenden Völkern ordnen sich gottesdienst und 7]
zeitabtheilung; auch die nomaden haben ihre götter denen sie opfer
darbringen, und die gestirne des himmels prägen ihnen den Wechsel
der tage, monate, jahre ein; aber von der besitznahme heimatlicher
statten scheint hausehre der frauen und einfflhrung der meisten göt-
tinnen abhängig, auf die erscheinungen des ackerhaus läszt sich regel-
mäszige Wiederkehr der zeiten am natürlichsten anwenden, wenn auch
krieger das andenken ihrer siege feiern, so hat nur der friede die
ruhe und Stätigkeit der feste geheiligt, die mehrzahl aller feste gehört
offenbar den wünschen und freuden des ackermanns.
Unsere Vorfahren nannten ein fest uoba, gleichsam cultus, von
uoban celehrare, exercere, colere*, wie es scheint auch öra (mythol.
s. 26. 720.) deutlichen bezug auf Wiederholung der zeit haben ahd. itmäli
festivitas, solemnitas, ags. edmaele, vom goth. mdl tempus, und ags.hedh-
tht, altn. hätid, mhd. höchgezit, nhd. hochzeit, alts. högetidi, oder hlosz
tidi, wihtidi. sl. god, godina, böhm. hod tempus, annus und dann72
auch festum, solemnitas, zumal in der pluralform godi wie tidi. toQXTj,
jon. oQxrj, vielleicht verwandt mit ifpo£, wie Od. 21, 258 tOQxrj ayrrj
verbunden steht, lilth. szwente, lett. swehlki heiligertag. Dunkler ist
das lat. festum, das zu feriae = fesiae gehört wie fasti, nefasti zu
fari, nefarius, man vergleicht sl. basn’ fahula; diese fasti waren ge-
richtstage, feriae feiertage, an welchen die arheit ruhte, daher ist
unser feier und feiern, schon ahd. fira, firön geborgt. Den ältesten
ausdruck bewahrt uns blosz die goth. und ahd. mundart, goth. duljss
toQxtj, dulf)jan tOQXu&iv, ahd. tuld festum, solemnitas, neomenia,
rßtuldi exsequiae (goth. hraivädulfmis?), tuldan celehrare, agere, tuld-
lih solemnis, tulditac tulditago dies feslus, mhd. dult (für tuld, tult)
Servat. 2871. 3293. MS. 2, 74 b die dult behalten Mar. 160, 27.
* solemnis nicht zu solere, vielmehr, wie Festes lehrt, zum osk. sollo =
lat. solum, gr. olov, welchen skr. sarva entspricht, lat. salvum und servare nah
verwandt sind, wie unser goth. hails, ahd. heil integer und hailjan servare.
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