Full text: Geschichte der deutschen Sprache. - Band 1 und 2

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77 
708 SCHLUSS 
welsche (s. 346) und gleiche lautneigung wiederholt sich noch in an 
dern Wörtern. 
Die aspiralion ist im skr. griech. deutschen und keltischen mäch 
tig entfaltet (s. 344. 359. 380. 390), hei Kelten und einigen West 
deutschen auch aspiralion der mediae (s. 345.) hingegen sind die 
1020 Litlhauer ohne aspirata (s. 344. 380), die Slaven ohne TH TH 
(s. 344), die Römer ohne CII TII und ihr F musz beide mit ver 
treten. 
Das gr. digamma gleicht dem lat. V, welschen GW und irischen 
F (s. 296. 297), aber auch deutsche mundarten lassen ihr V in W, 
GW und G übertreten, wie digamma schwand, schwanden uns V vor 
VL VR (vgl. altn. s. 297), II vor 1IL IIR und in der mitte von Zu 
sammensetzungen (s. 298. 544) oder den Romanen deutsches II im 
anlaut; unser H seihst ist last nur erweichtes CII. lat. gieng II her 
vor aus älterem F (s, 348.) 
Während die lappische, finnische, estnische, ungrische spräche 
kein genus unterscheiden, sind im sanskrit, zend, griech., lat., deut 
schen und slav. drei geschlechler entfaltet, im litthauischen, romani 
schen, keltischen gebricht das neulrum aber ist wahrscheinlich aus 
gestorben, wie im dänischen masc. und fern, zusammengeronnen sind. 
In der deutschen lateinischen griechischen und keltischen decli- 
nation gelten nur wenig, im sanskrit, slavischen und litthauischen aber 
viel casus (s. 927.) 
Die vollendeteste verbalflexion erscheint im sanskrit und griechi 
schen, grosze vorziige hat auch die lateinische, lillhauische und slavi- 
sche; die deutsche, keltische und romanische stehen nach, doch ist 
der gothischen noch reduplication mit dem sanskrit, griech. und lat. 
gemein,' welche Litthauern, Slaven und Kelten abgeht, äuszerlich aber 
erscheint die golh. reduplication,. und was ihr in den übrigen deut 
schen sprachen entspricht, als jüngere, der schon eine ältere, zu den 
gr. und lat. Wörtern stimmende musz vorausgegangen sein (s. 874.) 
In sämtlichen urverwandten sprachen treffen zusammen cardina- 
lia (s. 239), persönliche pronomina (s. 257), verbum subslanlivum 
(s. 265) und Verwandtschaftswörter (s. 266); auszerdem eine anzahl 
einzelner Wörter, wie sol (s. 301), nox (s. 276), cor (s. 329), vul- 
pes (s. 332), pecu (s. 28), canis (s. 38), nomen (s. 153), vermis 
(s. 383), duxgv (s. 403), dexter (s. 986.) 
1021 Oft aber entfernen vom sanskrit die europäischen sprachen sich 
darin, dasz sie einen buchstab der wurzel verwandeln, und namentlich 
pflegt in ihnen L statt des skr. R oder D aufzulreten: skr. sürjas 
lat. sol; skr. sara lat. sal gr. uXg goth. salt; skr. dirghas sl. dl”g” 
litlh. ilgas; skr. deha goth. leik; skr. d6vr lat. levir; skr. dugdha lat. 
lac. doch in einzelnen sprachen haftet die alte lingualis, z. b. das 
litlh. adj. surus salsus bewahrt sein R, und darum scheint gr. dui]Q 
alterthümlicher als lat. levir. nicht anders verhalten sich dingua tuggö 
zunkä zu lingua, duy.Qv tagr zahar zu lacrima, sidabras zu silapar, 
ahd. pad ags. bäd altn. bod zu ßaXavnov balneum. zumal belehrend
	        
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