SCHLUSS
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
greiflich viele berührungen mit der gothisclien gesichert worden, die
unsrer hochdeutschen verloren giengen, ohne dasz dadurch der wesent
lich hochdeutschere character des gothischen beeinträchtigt wird. Eigen-
thümlich ist im altn. der abgang des is si ita, ahd. er siu ez (s. 756)
und der praepositionen bi du {jairh (s. 756) so wie in Zusammen
setzungen der partikeln ga- bi- und us- (s. 664. 755.) überhaupt
die neigung zum suffix, wodurch mit dynamischer Wirkung eine be
stimmte form des nomens, auszer der schwachen, und ein passivum
entsprungen ist (s. 754), da wo goth. und ahd. spräche den artikel
dem nomen und das reflexive pronomen dem verbum vorausstellen
oder getrennt verbinden, die schwache noiriinalflexion ist durch den
Wegfall ihres nothwendigen N (s. 952. 953) verdunkelt worden, wie
er auch sonst diesem idiom zusagt (s. 338.) solchen angehängten
artikel darf man eine zweite potenz der schwachen form, die auch
auf einverleibung desselben pronomens beruht (s. 960), nennen.
Sonst fügt sich in lauten und Wörtern die nordische spräche un-
gemein zur gothischen, z. b. im U des troda = trudan, ahd. tretan
(s. 848.)
Wie das hochdeutsche dem slavischen einflusz war das nordische
dem lappischen und finnischen, das westnordische zugleich dem kelti
schen ausgesetzt, repo drang ins altn. refr, schwed. räf, dän. räv
vor, alle übrigen Deutschen behielten fauhs oder fauhö. beim nieder
ländischen miere (s. 1029) weisz man nicht, ob es auf welsches my-
rionen oder finn. muurainen zurückgehe, engl, blieb emmet, ags.
1035ämette, ahd. ameizä, mhd. ameize; sagte der Gothe amaitö? finn. mou-
kari verlor sich bis ins nnl. moker. aber lapp, wuosta, finn. juusto
verbreitete sich allgemein im norden, lapp, wuoi, finn. voi vielleicht
ins ags. hvseg, niederl. wei, wenn dieser Zusammenhang der richtige
ist. keltische gemeinschaft bezeugen altn. triona (s. 380) hold (s. 1011)
und dän. keit (s. 995); doch die Übereinkunft des keltischen clith
cledd mit gothischem hleidumei (s. 989) kann nicht räumlich verstan
den werden, sie musz uralt sein.
Alle deutschen sprachen, wie weit auch ihre äste und zweige
von einander getrieben haben, fallen sichtbar demselben stamm zu und
bekennen eine mütterliche diota (jfiuda), nach der sie genannt sind;
je höher man zurücksteigt, desto ähnlicher werden sich Gothen, Hoch
deutsche, Niederdeutsche, Scandinaven, und alle sind gleiches Ursprungs.