VIX
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72
cliere von Rudlieb und dem rotlikopf, wie sie bei ver-
schiednen wirten mit dem alten und jungen weib her-
bergen, ungeachtet des Schadens, den eine beträchtliche
liicke stiftet, bewegter und ergreifender finden, von
einem stillen haushalt, der durch den tod eines geiz-
halses in volle befriedigung ausgeschlagen ist, wendet
sich das gedieht zu dem leichtfertigen einer jungen Stief
mutter, die aber zuletzt in tiefster reue ihren fehltritt
büfst. im fünften fragment begegnen einige freie stel
len, die sich aber im zehnten jh., wo ein grofser tlieil
der geistlichkeit von dem ehlichen leben sich nicht aus-
sclilofs, selbst ein münch verstauen durfte, die dreierlei
strajen, unter welchen die verbrecherin dem mildgesinn
ten gericht selbst die wähl lafst (6, 45-63), sind ganz
im geiste der poesie des alten rechts, das sie in mehr
als einem betracht erläutern, und das ersäufen in einem
fafs wird eben auch im Unibos 168. 169 verhängt, die
asche des verbrannten leichnams der missethäterin soll
ins wasser gestreut werden, damit sie nicht als schaden
frohe hexe wölken sammeln, regen hindern, hagel stif
ten könne. Aber auch die ganze übrige dichtung ist
reich an einzelnen der erklärung wertlien und zum
theil noch bedürftigen zügen, aus welchen sich die
nicht einfärbige sondern lebensvolle sitte und denkungs-
art jener lange zu wenig gekannten tüchtigen zeit er
kennen läfst. Und wer mag sie kurz ab rauh schelten,
wenn er hier liest, wie die liebende mutter nach dem
abreisenden solin durchs gitter ihre äugen weidet und
das gesinde auf die zäune steigt, um ihm länger nach zu
schauen (I, 52. 53)? Wie hübsch ist, bei der beschrei-
bung eines gastmahls, angebracht, dafs die kinder erd-
heeren im wald aufsuchen, in kleine gefafse oder in zu-
sammengebundnen bast (13, 85-87)? Solche erfreuende
einzelnheiten reicht uns Wallharius nicht, dem doch