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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 3
um Langobardenland zu erreichen. Auch schien das
Gestrüpp des dornigen Dickichts im Unterholz un-
dnrchdringbar: er konnte weder vorwärts noch rück-^
wärts, rathlos blieb er stehen: er wollte verzagen.
[ , 2j) Da sah er plötzlich zu seiner Rechten zivci kleine roth
gelbe Lichter funkeln, die, nah an der Erde, an ihm
vorüber vorwärts schossen: cs war ein Wolf, der wies
ihm den Weg durch das Gestrüpp: er folgte, dankend
Sauet Sabinus, der ihn gesendet."
/ Arichis schüttelte das kurzkrause Gclock: „aber der
alte Hirte lachte und rannte: ,Wie käme v cin Heiliger
zu einem Wolf? Den Wolf hat Wodan gesendet:^
,dcr Wolf ist Wodans gei^e^tcs Waidwi!d< so sagt
ein uralt Wort. \littb ^reich lohnt Wodan treuen
, .Dienst^ ein Anderes Cr hatte wohl der Ähren für
/ ein Granroß nicht vergessen^ sagte der Hirt, nicht
frommer Bruder!"
„Wundersam war nun, wie ein par Tage lang
das Nnthicr wirklich als Wegweiser dem Fliehenden
voran trabte, nie ihn bedrohte, nie außer Lichtwcitc
lief, oft sich umwandte, ob Leupichis auch richtig auf
dem schmalen Pfade durch das Dorndickicht folge?
Aber am dritten Tage — die mitgenommene wenige
Mundspcisc war längst verzehrt — plagte den Ahn
der Hunger, ganz erschöpft fürchtete er zu erliegen:
y da spannte er den Bogen, legte den Pfeil aus, den
Wolf zu todten, ihn zu verzehren."
„Das war recht undankbar von dem Ahn" —
sagte nämlich Grimmo der Hirt, der so viel alte
Dinge, Sagen und schöne Sprüche wußte, wie nur
etwa noch Willehalm sein jüngerer Bruder, viel hab
ich von ihnen gelernt: Gott lohn es ihnen! —Und
auf dem Fleck strafte ihn Wodan: der Pfeil ging
fehl, was sonst dem Ahnherrn nie geschah, er sah
'j nur noch wie der treue Wegweiser vorwurfsvoll um
sah und verschwand, dann stürzte er todmüde zu
Boden."
„Im Traum aber erschaute er einen Mann, der
stand bei seinem Haupte und sprach: ,Steh auf!
Leupichis, was schläfst du? Geh dahin, wohin deine.
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— den höchst unheiligen Krieg gegen uns beschlossen.
Aus dem Sattel gesprungen eilte ich an das Kranken
bett eures königlichen Gemahls, zuerst ihm das zu
melden. Dann aber, hohe Frau — in dieser Stunde
höchster Gefahr ist cs Zeit, um Waffenschutz und
Waffenschirm für euer Haus zu sorgen: jetzt — nicht
früher, — wagte ich es, bei König Desiderius um
die Hand eurer Tochter Adalperga zu werben: erjagt
sic zu, wenn die Mutter und die herrliche Jung
frau ..."
Da unterbrach ihn die immer noch schöne Greisin,
faßte seine Hand und sprach: „^ie Stunde der
Werbung adelt euch, Herr Herzog, mehr als eures
Bluts Adel und all euer Waffenruhm. Nehmt sie
hin — seht, wie hoch sie erröthct! Ich kenne ihr
Herz: — Komm, Adalperga, folge bWm Herzen."
Das Mädchen schwebte gesenkten Hanptes auf die
Mutter zu, die ihre Hand in die des Herzogs legte.
Alle Versammelten drängten nun ans der
halle des Palastes in heftigster Erregung. .
So bemerkte niemals— auch nicht der Bruders—
daß citie schlanke Jünglingsgestalt bei dem Versuch,
zu folgen, ohnmächtig auf den Estrich nieder sank. —
II.
Wie herrlich ist der Ausblick von Monte Casino
weithin über das Land, über das blühende Thal des
Garigliano iin Westen und Süden und die um
liegenden Berge, die cs vom Golf van Gaeta schei
den, aber doch zuweilen das tief blaue Meer er
schauen lasses im Osten das Thal von San Ger-
mano, dem alten „Casinum", von seinem raschen
Flüsslein Rapid^, damals noch „Vinins" genannt,
durchllnthct und hoch überragt von den Felskämmcn
der Abruzzen!
Ein starker Wille der völligen Weltentsagung
wahrlich gehört dazu, an diesem entzückenden Fleck
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