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verboten: hüte dich, daß du sie nicht ausschließest, sonst wirst
du unglücklich? Das Mädchen versprach gehorsam zu sein,
und als nun die Jungfrau Maria weg war, fing es an und
besah die Wohnungen des Himmelreichs: jeden Tag schloß es
eine auf, bis die zwölfe herum waren. In jeder aber saß ein
Apostel, und war von Licht und Glanz umgeben. Es freute
sich über all die Pracht und Herrlichkeit, und die Englein, die
es immer begleiteten, freuten sich mit ihm. Nun war allein
noch die verbotene Thür übrig, da empfand es eine große Lust
zu wissen, was dahinter verborgen wäre, und sprach zu den
Englein 'ganz aufmachen will ich sie nicht, aber ich will sie
aufschließen, damit wir ein wenig durch den Ritz sehen? 'Ach
nein,' sagten die Englein, 'das wäre Sünde: die Jungfrau
- Maria hats verboten, und es könnte leicht dein Unglück wer
den? Da schwieg es still, aber die Lust und Neugier in sei
nem Herzen schwieg nicht still, sondern nagte und pickte or
dentlich daran, und ließ ihm keine Ruhe. Und als die Eng
lein einmal hinausgegangen waren, dachte es 'nun bin ich
ganz allein und könnte einmal hinein gucken, es weiß es ja
niemand, wenn ich es thue? Es suchte den Schlüssel heraus,
9 und als es ihn in der Hand hielt, steckte es ihn auch in das
Schloß, und als es ihn hineingesteckt hatte, drehte es auch
um. Da sprang die Thüre auf, und es sah da die Dreieinig
keit im Feuer und Glanz sitzen und betrachtete alles mit Er
staunen, dann rührte es ein klein wenig mit dem Finger an
den Glanz, da ward der Finger ganz golden. Da empfand
es eine gewaltige Angst, schlug die Thür heftig zu und lief
fort. Die Angst wollte auch nicht wieder weichen, es mochte
anfangen, was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort