Z. 4. Oct. 1839
Verehrtester,
die ??otische Luft die ich hier einschlucke so oft ich aus dem hause trete
schlägt zwar meinem leibe vortrefflich an, aber schlecht fährt dabei si quid in
rue est ingenii, quod sentio quam sit exiguum. Cic.
brief augenblicklich um von der aufregung meiner lebensgeister die ich dieser ange-
nehmen überraschung danke schleunig einigen stilistischen vortheil zu ziehen, weni-
ger in dem wohne. Ihre anmutigen launscherze als schwache echo erwidern zu
können. haben Sie für Ihren sendbrief (schreiben zu sagen verbietet das
treffliche gedruckte) schönsten dank ; mag er euch zunächst durch gewissensbisse
über verrathene freundschaft und durch kränkenden verdacht meiner elenden
schwatzhaftigkeit hervorgerufen sein, ich weiß die frucht zu genießen ohne nach-
zuforschen was alles sie gezeitigt. vor allem eile ich Ihren tagen hei-
terkeit, Ihren nächten (wenn Heinrich nicht in Ihr bett kriecht) ruhe wieder
zu geben indem ich hiermit betheuere dass jenes geheimnis, dass ich nur
andeute und dem papiere anzuvertrauen mich sorglich hüte, nicht aus meinem
munde genommen ist.
Geht ein geheimnis über zwei hinaus
so ist es bald die mähr in jedem haus.
ein weiser sprach: die lippen sind die zween ;
lass über sie nicht dein geheimnis gehn. RÜCKERT.