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Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 42
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ALTDEUTSCHE GESPRÄCHE
VON
WILHELM GRIMM
GELESEN IN DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
AM 29. OKTOBER 1849
BERLIN
GEDRUCKT IN DER DRUCKEREI DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN
1851
G,
“reiths fpicilegium vaticanum (Frauenfeld 1838) f. 31 gab nachricht von
einer aus verfehiedenen pergamentblättern des 9tcn bis 12ten jahrhunderts zu-
fammen gefetzten handfchrift der vaticana (cod. collect, membr. 4. Chriftin.
566). danach enthält blatt 5 'das bruchftück eines altdeutfchen gloffars aus
dem anfang des neunten jahrhunderts, interlinear und marginal mit fehr fei-
nen fchriftzügen gefchrieben, die mit den merowingifchen grofse ähnlichkeit
haben, das bruchftück rührt wahrfcheinlich von einem mönche her, der aus
dem innern Gallien nachDeutfchland reifte, wie fich aus der gloffe unde venis?
de Francia und den darin vorkommenden confonantenverhältniffen ergibt/
Greith liefs diefe gloffen abdrucken, aber bei manchen Wörtern mufte ich
zweifeln dafs er richtig gelefen habe, auch war nicht zu erfehen wie der aus-
druck interlinear und marginal zu verftehen fei. ich wendete mich an hn
Dr Brunn in Rom, und er war fo gefällig mir ein forgfältiges, von ihm felbft
verfertigtes facfimile von jenem blatt zu überfenden. die arbeit war um fo
mühfeliger als, wie er bemerkt, das pergament zerknittert und die dinte an
einigen ftellen ganz erlofchen ift. für die richtigkeit des textes und der
fchriftzüge will er bürgen, nur den cheracter der fchrift, wie ihn ein voll-
kommenes facfimile gewähren foll, hat er nicht vollftändig wieder geben
können.
Die fchrift des theologifchen werks ift fchön und deutlich und ge-
hört wohl in das neunte jahrhundert; eine genauere beftimmung ift fchwierig.
die gloffen find an den rand und wo fich innerhalb des textes leerer raum
zeigte hinzu gefchrieben, alfo fpäter und mit anderer dinte: aber die züge
der völlig verfehiedenen unfehönen hand find an fich alterthümlicher. fie
unterfcheidet fich befonders durch das aus dem uncialen N und NT gebil-
A 2
m
4
deten [>J : auch find mehr kürzungen angewendet und öfter verfchiedene
•Wörter zufammen gezogen; fie mag nicht viel jünger fein. ,
Da Greiths abdruck fich unbrauchbar erweift, fo ift es gut dafs der
Sprachfchatz in den beiden letzten bänden, die nach 1838 erfchienen find,
auf diefe gloffen keine rückficht genommen hat. ich lege hier eine wohl ge-
ratene nachbildung des facfimile bei und laffe die gloffen folgen fo wie ich
fie lefe, nur mit auflöfung der fichern abbreviaturen, behalte aber bei das
Zeichen + für id eft, und zeile 31 für est. was das einem H ähnliche Zei-
chen vor der zwifchenzeile 36 bedeuten foll, weifs ich nicht: eine verwei-
fung fcheint es nicht zu fein.
Obethe. caput.
Faffen. capilli.
Auren, aurif.
Ogen. oculi.
5 Munda. bucca.
Zunguen. dentef.
Bart, barba.
An. manuf.
Anfco. Guanti.
io Bruft. pectuf.
Guanbe. uenter.
Folio guanbe. plenuf uenter
Elpe, adiuva.
fromm, dön5.
15 Guare uengelinaz. felida guefelle. uel guenoz *|* par.
•|* ubi abuilti manfionem ac nocte conpagn.
Te geraben. uf. felida -|- ad manfionem comitis.
Guane cumet ger brothro *!• unde uenif frater.
E gunt Jimono dodon H de domo döni mei. uel.
E cunt mer min erre uf. *|* de domo feniorif mei.
20 Gueliche lande cumen ger de qua patria.
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5
E guaf mer in gcne francia -|- in francia fui.
Gucez ge dar daden -|- quid fecifti ibi.
Z
JEnbet mer dar «J* difnaui me ibi.
fuifti
Guaren gerinn z ze mettina.
25 Terue ge u.
JE ne quefa ti dar -|- ego non te ibi uidi. uel.
E ne quefa u thar *|* uof non uidi ibi.
Quefafti. min erre ze mettina -|- uidifti feniorem raeura
ad matutinaf.
Terue nain i *|* non.
30 Guaz gildo quid uif tu.
Guer iftin erro -|- ubi — fenior tuuf.
ne guez | nefcio.
uel er ifizin erro *!• ad feniorem fuum.
E fconce canet. belluf uafalluf.
35 uel Jnel canet. uelox uafalluf.
f
H Ubele canet mine teruae ’|- maluf uafallul.
CEereft -| ubi eft.
Sclaphen fin alf da illi in collo.
habeo din.
40 Ghanc hutz i. forf. •
fairu . . oft.
Vndef arf intine nafo -|' canif culü intuo nafo.
Als nächfte erklärung dient, am beften eine Übertragung in althoch-
deutfche fpraehformen; die änderungen darin werden hernach in den an-
merkungen gerechtfertigt werden.
Houbit caput.
Fahs capilli.
Örün aures.
Ougün oculi.
B
6
5 Munt bucca.
Zungün (1. zendi) d ent es.
Bart barba.
Hant manus.
Hantfcuoha guanti.
io Bruft pectus.
Wamba venter.
Follu wamba plenus venter.
13. i4 Hilf adjuva. fromm dön5.
15 War warun gelina az Jelido, gefello? vel genoz par.
ubi habuifti manfionem hac nocte, compagn?
Ze grävin hüs felidö ad manfionem comitis.
TVanna cumet ir, bruoder? unde venis, frater?
Ih cumu üt finemo (1. mmemo) dorne de domo domini mei. vel
Th cumu mir üt mmemo herrin hüs de domo fenioris mei.
20 Fona welihemo lande kumet ir? de qua patria?
Ih was mir injenemo Frankono lande in Francia fui.
Waz ir dar tätut? quid fecifti ibi?
Inbeiz mir dar difnavi me ibi.
Wdrut ir hina az ze mettinö? fuifti?
25 Tr iw 6 ja iwih (1. ih).
Ih ne gef ah dih dar ego non te ibi vidi, vel
Ih ne gef ah iwih dar vos non vidi ibi.
Gefahi du minan herrun ze mettinö? vidifti feniorem meura
ad matutinas?
Triwö nein ih non.
30 Waz wildü? quid vis tu?
War ift dm herro? ubi eft fenior tuus?
Ne weiz nefcio. vel
Er ift ze Jinemo herrin ad feniorem fuum.
Ih fcöni kneht bellus vafallus. vel
35 Snel kneht velox vafallus.
Ubil kneht mina triwa malus vafallus.
War ift? ubi eft?
Klapfö in finan hals da illi in collo.
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Habe dinan.
4o Ganc hüz i fors.
Hundes a?'S in dinero nafo canis culum in tuo nafo.
Zu den älteften denkmälern der deutfchen fprache gehören deutfch-
lateinifche Wörterbücher, in welchen ausdrücke für die im täglichen leben
nothwendigen dinge gefammelt und zu bequemem gebrauch ihrem fach-
lichen inhalt nach geordnet lind, davon unterfcheiden lieh fehr beftimmt
lateinifchdeutfche, nicht auf befondere gegenftände befchränkte alphabetifche
vocabularien, noch mehr zwifchen die zeilen oder an den rand lateinifcher meift
theologifcher werke gefetzte gloffen. die beiden letztgenannten arbeiten dienten
gelehrten zwecken, während jene fachlichen handbücher zunächft für reifen-
de beftimmt zu fein fcheinen, vorzüglich für geiftliche, der lateinifchen oder
der eben aus dem lateinifchen lieh ablöfenden romanifchen fprache mächtig,
bei jenen gelehrten gloffen ift das lateinifche die hauptfache, das deutfehe
überfetzung: bei den fachlichen Wörterbüchern mufs das deutfehe als das
urfprüngliche gelten, wenigftens in fo wreit als es von dem fremdling nicht
konnte aufgefchrieben werden, der fchwerlich im ftand war die unterfchei-
dung verwandter laute zu bezeichnen, die wrir gewahrt linden, diefe fach-
lichen Wörterbücher allein lind hier der gegenftand unferer betrachtung.
Mir lind folgende bekannt, A die Caffeler gloffen, B der Yocabula-
rius S. Galli, C die Schlettftädter gloffen (Haupts zeitfehrift 5,318), D No-
menclator in einer Wiener handfehrift (Hoffmanns althochdeutfche gloffen
f. 57. 58), E Summarium Henrici, F gloffen aus einer boxhorn. handfehrift
(Nyerups fymbolae f. 560 — 337), G gloffen aus einer Wiener handfehrift
(Hoffmanns fumerlaten f. 29 — 43), H aus einer Innsbrucker handfehrift
(Mones Anzeiger 1838 f. 287 — 602), I die Wiesbader gloffen der heil. Hil-
degard (Haupts zeitfehr. 6, 321), K Vocabularius optimus (heraus gegeben
von Wackernagel 1847). ich beachte dabei nicht einzelne ausgehobene ab-
fchnitte, wie z. b. die ungedruckten Frankfurter gloffen nur die namen von
thieren und pflanzen enthalten, Zürcher gloffen (Diutifka 2, 273 — 277) nur
Pfl anzen; auch laffe ich zur feite lateinifchdeutfche alphabetifch geordnete
Wörterbücher, in welche die fachlichen aufgelöft wurden; die Admonter
gloffen (Haupts zeitfehr* 3, 368) und die Leipziger (Mones Anzeiger 1835
f. 93 — 95) fcheinen mir auf diefem weg entftanden zu fein.
B 2
Die handfchriften von A und B find die älteften und reichen beide
in das achte jahrhundert, leicht noch in das fiebente; die übrigen von G
bis I fallen in das zehnte, elfte und zwölfte, K in das vierzehnte, da aber
C manchmal ganz alte fprachformen bewahrt hat, die ihrer quelle ein glei-
ches alter mit A und B anweifen, fo irrt man fchwerlich, wenn man den ur-
fprung auch der andern, K ausgenommen, das, mit der handfchrift ziemlich
gleichzeitig, eine fpätere arbeit enthält, ebenfoweit zurück führt. B fetzt,
wie ich anderwärts (Caffeler gloffen feite 20) fchon dargethan habe, A vor-
aus, aber auch A, aus mehreren verfchiedenartigen ftücken zufammen ge-
rückt, deutet auf noch ältere quellen.
Vergleicht man den inhalt diefer Wörterbücher, fo ergibt fich dafs
keins von dem andern abftammt, wrenn man auch das gegentheil vermuten
follte. fie zeigen freilich übereinftimmung fo weit fie in einer gleichen auf-
gabe liegt, aber in der folge der einzelnen abtheilungen, die feiten äufser-
lich getrennt find, ftimmt eins fo wenig mit dem andern dafs bei einem vor-
an fteht was bei dem andern er ft am ende kommt; am meiften zufammen
gehalten find noch die abfchnitte aus dem naturreich. ebenfo verfchieden
find fie dem umfang nach: D und I enthalten nur wenige abfchnitte. end-
lich ift in der folge der einzelnen Wörter keine gleichförmigkeit fichtbar: er-
fcheint auch manchmal eine kleine anzahl in derfelben Ordnung neben ein-
ander, fo liegt dies gewöhnlich in der natur der fache, z. b. wenn die glie-
der des menfchlichen leibes aufgezählt werden: anderwärts zeigt fich wie-
der die gröfste verfchiedenheit. ebenfo ungleich find fie in beziehung auf
die reichhaltigkeit einzelner abfchnitte: rein gehalten find diefe auch nicht
immer, manchmal drängen fich verirrte gloffen dazwifchen, einzeln oder ein
paar zufammen. es fcheint bei der aufftellung diefer Wörterbücher meift der
zufall gewaltet zu haben. C läfst diefe entftehung am deutlichften durch-
blicken: hier ift (feite 260) bei den namen der bäume aus einer andern, auch
fonfther (Altdeutfche blätter 1, 349. 350) bekannten quelle fogar ein latei-
nifches gedieht aufgenommen, wo dann die einzelnen gloffen über die zeilen
gefchrieben find, nur E, das Summarium Henrici, geht auf plan und ftren-
gere Ordnung aus. unter den ältern ift diefes Wörterbuch das vollftändigfte,
dennoch fehlen darin abfchnitte, die C H und I gewähren, fo wrie gemein-
fchaftliche anderwärts reicher ausgeftattet find. K enthält fichtbar eine fpä-
tere bearbeitung und umfafst unter allen am meiften. der Vocabularius hat
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fich dabei noch ein anderes ziel gefleckt, er will zur erlernung des lateini-
fchen behilflich fein, denn es werden neben ein deutfches wort oft meh-
rere, ja ganze reihen lateinifcher denfelben oder einen verwandten begriff
enthaltende ausdrücke geftellt. gewis find dabei Wörterbücher aus älterer
zeit benutzt, aber auch nicht weniges wird feiner zeit angehören, in dem
abfchnitt über das naturreich (feite 41—55) macht fich die alphabetifche
Ordnung in den lateinifchen Wörtern bemerklich, wo alfo der verfaffer eine
befondere quelle mufls benutzt haben, endlich begegnet man hier und da
überfetzungen und umfchreibungen, weil kein deutfcher ausdruck fich vor-
fand, am meiften in dem abfchnitt de compoficionibus librorum (feite 37),
wo hiftoria fchwerfällig erklärt wird ein gefchriben rede der getdt, als ez ge-
fchach, und de dignitatibus fecularibus (feite 38) monarcha ein einiger herre
über die weit, aus fpäterer zeit mag noch manches diefer art vorhanden fein,
was für unfere unterfuchung wenig gewicht hat: fo gibt von zwei hierher
gehörigen papierhandfchriften des fünfzehnten Jahrhunderts Mones Anzeiger
1837 feite 339. 340 nachricht.
Nach dem was ich ausgeführt habe, ift nicht glaublich dafs die ur-
fprüngliche, ich meine die elfte auffaffung diefer Wörterbücher auf uns ge-
kommen fei: nur theile davon, freilich wohl die wichtigem haben fich er-
halten. auch die Ordnung des ganzen mag urfprünglich ftrenger gewefen
fein: das gloffar der heil. Hildegard gewährt in diefer beziehung wohl das
hefte; die feltfame unerklärliche fprache, in der es abgefafst ift, verhinderte
änderungen umftellungen und zufätze. es beginnt mit Deus, angelus, falva-
tor u. f. w., geht dann auf menfchliche verhältniffe über, und daran fchliefst
fich das naturreich mit feinen abtheilungen; verirrte gloffen habe ich darin
nicht bemerkt, die Gaffeler gloffen fangen gleich mit caput an: bis zu feite
H unterbricht auch hier keine ungehörige gloffe die Ordnung (*); feite H
1 — 14 ift ein fatz eingefchoben, der verfchiedenartiges untereinander wirft.
Verwirrungen genug zeigen die Schlettftädter gloffen. unnöthig ift es, eine
hinter allen fammlungen flehende einzige urfchrift anzunehmen: das bedürf-
nis kann mehrere von einander unabhängige auffaffungen hervor gerufen ha-
(*) deshalb fcheint es mir unzuläffig, das fchwierige wort altee (E, 15) das zwilchen den
fingernamen fteht als eine verirrte gloffe zu betrachten und auf etwas durchaus nicht dahin
gehöriges zu deuten.
ben: gibt es doch auch eine angelfächfifche fammlung diefer art (Mones
Quellen 314.323), die mit den vögeln beginnt, wiederum völlig abweichend
in der aufnahme wie in der folge der Wörter.
Spricht man von diefen Wörterbüchern, fo pflegt man auch zu fagen
dafs fie fämtlich auf Ifidors etymologien zurück zu führen feien: ich kann
dies nur von den hier noch nicht erwähnten, aus wenigen blättern beftehen-
den Leipziger gloffen (Haupts zeitfchrift 2,214. 3,116) gelten laffen, wo
man fogleich einen auszug aus Ifidor erkennt, dem nur ein paar deutfche
gloffen zugefügt find, die Unabhängigkeit der Caffeler und Wiesbader glof-
fen habe ich (chon bei herausgabe derfelben dargethan, auch bei dem Voca-
bularius f. Galli ift fie aufser zweifei; vergl. W. Wackernagels gefchichte der
deutfchen litteratur f. 27. es wäre zu verwundern, wenn fo frühe fchon alle
fpuren des zufammenhangs fich follten verwifcht haben, ich gehe jetzt noch
weiter und behaupte dafs auch die übrigen Wörterbücher, das Summarium
Henrici ausgenommen, keine verwandtfchaft mit dem umfangreichen werk
des fpanifchen bifchofs zeigen, auch dann nicht, wenn man annehmen wollte,
wie man fich aoszudrücken pflegt, cdie grundlage fchimmre nur durch3, wer
felbft nachgefehen und genauere Vergleichung angeftellt hat, wird mir bei-
ftimmen. das Summarium ift es auch wohl allein, das zu jener allgemeinen
behauptung die veranlaffung gegeben hat. zunäcft hält man fich dabei an die
Vorrede, weil fie fich ausdrücklich auf Ifidor beruft: allein man hätte auch
bemerken follen dafs die abtheilungen mit den lateinifchen überfchriften,
diefe bis auf kleinigkeiten unverändert, dorther genommen find, die folge
der bücher ift nicht ganz beibehalten, wohl aber ziemlich genau die folge
der capitel, in welche die bücher zerfallen, ebenfo find die einzelnen Wör-
ter im ganzen wie dort geordnet, indeffen fehlt es auch nicht an capiteln,
die ftarke Veränderungen erlitten haben, zumal wo nur das einheimifche,
wenigftens nur das in Deutfchland bekannte durfte angeführt werden, dahin
gehören capitel, wie II, 16 de pifcibus (Ifidor 12, 6), III, 7 de herbis (If. 17,
9), III, 9. 10 de oleribus (If. 17, 10. 11). faft ganz andern inhalts ift VII, 1
de vocabulis gentium (If. 9, 2) und VII, 3. 4 de clericis (If. 7, 12). ja es
gibt capitel, die bei Ifidor durchaus fehlen, wde VII, 8 de variis officiorum
vocabulis vel operariis und VII, 9 de notis et vitiis in homine, welches ge-
rade das reichhaltigfte ift.
li
Das Summarium ift, wie ich mir vorftelle, auf folgende weife entftan-
den. der verfaffer wollte die meift unvollftändigen d. h. nur einzelne ab-
fchnitte umfaffenden und häufig verwirrten Wörterbücher, die ihm bekannt
waren, in beffere Ordnung bringen, er legte Ifidors werk zu grund, natür-
lich mit auslaffung der etymologifchen erläuterungen, die feinem zweck
fremd waren, nur VII, 22 find die Worte eft aratio prima, cum adhuc durus
eft ager und VIII, 25 cafeus, quod careat fero aus Ifidor 17, 2 und 20, 2 auf-
genommen. die deutfchen Wörter, fo viel er vorfand (auch die drei hand-
fchriften, zu Trier Wien und München haben nicht gleich viel), fetzte er
daneben, rückte einzelnes was bei Ifidor nicht vorkam, aus andern quellen
in das entfprechende capitel ein und gab manchmal dem einheimifchen den
Vorzug, was einige umftellungen veranlafste. jene vorhin bemerkten, bei Ifi-
dor fehlenden capitel VII, 8. 9 finden fich gerade in den deutfchen und
zwar von einander unabhängigen Wörterbüchern, VII, 8 in den gloffen der
hl. Hildegard wenn auch abweichend doch entfprechend: VII, 9 in den Caf-
feler gloffen, im Vocabularius S. Galli (f. 198. 199) und in den Sumerlaten
(feite 31a). ob der verfaffer dem Summarium aus eigenen mittein etwas zu-
gefügt hat, mag dahin geftellt fein, dafür fpricht nicht dafs er II, 9 de por-
tentis (Ifid. 11, 3) firenes übergeht, während meriminnä (Sprachfchatz 2,774.
775) zur hand war. feinen ftandpunct verrät das letzte capitel X de inter-
pretatione quorundam fuperius praetermifforum, wo er was fich in Ifidors
fyftem nicht einfchalten liefs und als verfchiedenartig kein eigenes capitel
bilden konnte, zufammen ftellte und zwar diesmal, wo alles untereinander
lag, alphabetifch nach dem lateinifchen wort geordnet.
Noch eine bemerkung fei mir erlaubt, wrelche die bisherige anficht
von dem Verhältnis zu Ifidor geradezu umkehrt, ich halte es für möglich,
ja für wahrfcheinlich dafs der bifchof durch ein fchon vorhandenes fach-
liches Wörterbuch, fei es ein deutfchlateinifches oder deutfchromanifches,
zu feinen etymologifchen unterfuchungen ift veranlafst worden, gewagtes
liegt nicht in der Vermutung, da die quellen der Caffeler gloffen fchon in
dem fechften jahrhundert mögen vorhanden gewefen fein, und ihr urfprung
noch weiter zurück gehen kann.
Wahrfcheinlich hat man in frühfter zeit noch anderes für das tägliche
leben nothwendige oder nützliche nieder gefchrieben, auch wohl in beiden
fprachen. ein beifpiel gewähren die bruchftücke von heilmittein, die Hoff-
mann aus Fallersleben auf einem einzelnen blatt (Yindemia bafileenlis 1834)
aus einer in das ende des fiebenten Jahrhunderts gehörigen handfchrift Ifi-
dors bekannt gemacht hat. leicht ift dies nur ein kleiner theil eines grö-
fsern werks, das man arzätbuoch nannte, und deffen Hartmann (Erek 5238),
Wolfram (Parzival 481, 6), Freidank (59, 21) und Konrad (Pantal. 129. Tro-
jan. krieg 13597. 13627) gedenken, ein folches wird in einer handfchrift des
zwölften Jahrhunderts dem Hippokrates beigelegt und ift in der Diutifka
(2, 269 — 273) abgedruckt, auch in der dichterifchen umfchreibung von Mo-
lis (Diemer 88,13) heifst es an den buochen die arzät (1. a/'zätie) fuochen.
es konnten darin, wie in dem buch des gallifchen Marcellus burdigalenfis,
alte unter dem volk gebräuchliche heilmittel gefammelt fein, möglich dafs
man in früher zeit auch fchon kochbücher hatte; vergl. Wackernagel in
Haupts zeitfchrift 5, 11 — 16.
Eigenthümlicher art find gefpräche, von welchen die Caffeler gloffen
wahrfcheinlich auch nur ein ftück bewahrt haben, wie unfer denkmal. es find fra-
gen die der wandernde fremdling, der wohl meift ein Romanewar, in Deutfch-
land als herkömmlich erwarten konnte, mit den dazu gehörigen antworten
in deutfcher und lateinifcher fprache aufgezeichnet, man mufste den ankom-
menden fremdling bei feiner erfcheinung nicht blofs grüfsen, fondern auch nach
feiner herkunft und dem zweck feiner reife fich erkundigen, als Walther auf
feiner flucht in der hole des Wafichenwaldes angelangt ift, fendetGunthari den
Camelo an ihn ab, der ihm die frage vorlegt, die, homo, quisnam fis, aut unde
venis vel quonam pergere tendis? 587; vergl. Rudlieb I, 128. als die boten
Liudgers und Liudgafts in Günthers land anlangen, dö fragte man der meere
die unhunden man Nibel. 140, 3. Günther grüfst die boten Etzels und fragt
weshalb fie ihr könig zu den Burgunden gefandt habe Nibel. 1379. die frage
an fich ift ganz natürlich, aber das eigenthümliche der litte beftand darin,
dafs man fie nicht unterlaffen durfte, ohne den fremdling zu verletzen, der im
fchweigen eine geringfehätzung erblickte, ein paar ftellen aus dem dreizehnten
Jahrhundert werden die fortdauer der litte beweifen. Höllefeuer MSHag.
3, 34a der gruoz der machet hohen muot dem gaft, fwenn in der wit't an
fihet, ob er den gruoz mit willen tuot. ein lachen (lachend?) fragen hoert da
zuo: der wirt niht fwigen fol alfö ein ftumbe. unfaelic wirt, der alfo fprache-
lös ie wart gefunden gen finen geften äne gruoz und äne frage: er lat fich
sches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm
■■■
13
fchande wunden, fo daz im lafter bi hefte und daz in ere gar verbirt. da
denket an, fit gruozes milt: daz freut den gaft und er et wol den wirt. der
Unverzagte MSHag. 3, 45a man fol den geften mit dem gruoze und mit der
frage nähen. 45b ich bin ein gajt den fremden liuten unde ein Wirt der finne,
und fuoche nach der frage manegen riehen edelen man. Frauenlob feite
244 des ßiche ich nä den liuten bi mit ßihte und mit der hrumbe: nieman
enf raget wer ich ft Cato (Liederfaal 1,568) mit fweme dir befchcehe ze gän,
den folt niht ungefräget län den namen ftn, wä er hin ge od wä fin wille fte.
der pilger ift fchon an feiner kleidung kenntlich und erwartet gleich einlafs:
ein lied Gottfrieds von Neifen (MSHag. l,59a) beginnt von TValhen fuor
ein pilgerin, er bat der hereberge in der minne.
Unfer denkmal beginnt mit dem fachlichen Wörterbuch, zuerft caput
wie in den Caffeler gloffen und in einem abfehnitt der Trierer und Wies-
baden dann folgen wie dort einzelne theile des gefichts, ferner manus pe-
ctus venter. wrir haben eine abfehrift vor uns, das zeigt der fehler zunguen
dentes, wo wrahrfcheinlich zwei zeilen in eine zufammen gezogen find: wirk-
lich folgen in den Schlettftädter (Haupts zeitfehrift 5,356) und Trierer glof-
fen (2, 30) zungä lingua und zeni dentes aufeinander, mit guanbe brach der
fchreiber ab und zog es vor aus gefprächen, die wrahrfcheinlich in derfelben
handfehrift ftanden, vielleicht urfpriinglich zu dem Wörterbuch gehörten,
einiges abzufchreiben.
Diefe gefpräche bewegen lieh in ereigniffen des täglichen lebens. ein
fremdling tritt zur abendzeit in ein haus, wo er für die nacht wünfeht auf-
genommen zu werden, um am nächften morgen feine reife fortzufetzen, er
fpricht den üblichen grufs, und der hausdiener (oder wer es fonft ift, nur
nicht der herr des haufes felbft, das ergibt fich aus zeile 28), der ihn als fei-
nes gleichen betrachtet, fragt wo er das letzte nachtlager gehabt habe (naht-
felede Dietleib 5554. Walther und Hildegund I. 6,1. Heinrichs von Türlein
Krone Wien. hf. 54c. alfö tribet er daz jär hin ze fremden nahtfelden War-
nung 920), um zu wiffen wo er herkomme, der fremde antwortet ein dem
haus des grafen3, alfo bei einem angefehenen mann, damit ift der fragende
zufrieden geftellt. jetzt (z. 17) wrird voraus gefetzt ein geiftlicher fei ange-
langt, der fragende, der ihn an feiner kleidung erkennt, redet ihn gleich
C
m
ess
bruoder an und ihrzt ihn ehrerbietig, was fchon im neunten Jahrhundert in
Deutfchland anfieng gebräuchlich zu werden (Grammatik 4, 31). er erkun-
digt fich woher er komme und der geiftliche antwortet aus feiner kirche,
oder aus dem haus feines herrn (fenior ift wie das altfranzöfifche fenhor zu
yerftehen), je nach den umftänden. ein dritter fremdling, kein gemeiner
mann, denn auch er erhält ihr bei der anrede, wird befragt aus welchem land
er komme, er antwortet caus Frankreich3, und auf die weitere frage was er da
gethan habe, erwidert er er habe da zu mittag gegeffen. man darf daraus
fchliefsen dafs der fchauplatz in der nähe von Frankreich gedacht ward, da
man von mittag bis zum abend wieder herüber gelangen konnte, durch die
folgenden fragen (z.24 — 29) foll, glaube ich, der fremde weiter ausgeforfcht
werden, ob er (am morgen vor der reife nach Frankreich) in der meffe ge-
wefen fei und ob er feinen, des fragenden, herrn darin gefehen habe, jenes
bejaht er und fügt hinzu ‘ich habe dich nicht gefehen3, diefes verneint er.
z. 28 ift das ohnehin fchwierige guefäfti in den plur. zu ändern, da der die-
ner fpricht.
Mit zeile 30 beginnt eine neue Unterredung zwifchen einem herren
und einem knecht, der Unterkommen zu fuchen fcheint. der herr fragt ihn
aus und erhält kurze und unbeftimmte antworten, der ankömmling rühmt
fich, aber der herr fchilt ihn und heifst einen feiner leute ihn mit fchlägen
fortjagen; es wird ihm noch eine derbe verwünfchung zugerufen.
Diefe gefpräche haben die reden aufgezeichnet, die man bei folchen
gelegenheiten gewöhnlich hörte, und find nicht aus der luft gegriffen, fie
follten den verkehr zwifchen fremden erleichtern, waren aber nicht geeignet
zur erlernung des lateinifchen zu dienen, wie die merkwürdigen, ebenfalls
in profa von Alfrich abgefafsten angelfächfifchen colloquia (Thorpe analecta
anglofaxonica Lond. 1834. f. 101 — 118), wo diefer zweck ausdrücklich an-
gegeben wird, darin werden zuerft die welche beftimmte gefchäfte treiben
vorgefordert, der ackermann hirte fifcher koch lederarbeiter u. f. w. und
müffen auskunft über ihre arbeiten geben, zuletzt mufs ein klofterknabe der
Weisheit und tugend lernen will dem lehrer rede und antwort ftehen. er hat
in der nacht das bett verlaffen und die herkömmlichen gefänge gefungen, dann
pfalmen und meffen: er berichtet was er gegeffen und getrunken, endlich
wo er gefchlafen habe, eine gewiffe verwandtfchaft mit unfern gefprächen
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ift nicht zu verkennen, und Alfrieh hat vielleicht in aufzeichnungen diefer art
veranlaffung zu feiner fchrift gefunden.
Das lateinifche ftimmt nicht überall mit dem deutfchen, und man kann
eine überfetzung auf keiner feite annehmen, zeile 15 war der zufatz hac no-
cte nöthig. z. 24 und 39 fcheint das lateinifche nur aus nachläffigkeit des ab-
fchreibers zu fehlen, bei tcrüe 25. 29. 36 war dem verfaffer wohl kein ent-
fprechender ausdruck zur hand.
Mehrere fchreiber laffen fich unterfcheiden. der erfte hat von anfang
bis zu zeile 30 gefchrieben. z.30 bis zu 37 mufs man bei aller ähnlichkeit der
züge doch einem andern beilegen, hier erfcheint vorherfchend ce ftatt e (vergl.
Caffeler gloffenf. 15 und W. Wackernagel gefchichte der deutfchen litterat.
f. 89 anm.), das dort nur einmal z.22 fich zeigt: ferner 6 ftatt ü in guildo
30, endlich erro 31.33 ftatt erre 19. 28. der dritte, der mit zeile 37 beginnt,
bezeichnet w nicht wie jene durch gu fondern durch cc; man fieht es foll
ein ftarker hauch angezeigt werden, er kennt das anlautende Ti in habeo 39
und hütz 40, das jene meiden, und fchreibt zeile 40 g mit hartem kehllaut
gh. ihm gilt eft 37, dem andern is 31. 33. zeile 41 fcheint, wie Dr Brunn
ausdrücklich anmerkt, wrieder von einer andern alfo vierten hand. der um-
ftand ift auffallend bei einem ftück von fo geringem umfang, und man gerät
auf den gedanken, dafs mehreren bei einander fitzenden fchreibern eine
alte handfchrift Vorgelegen habe, aus der fie diefe zeilen nahmen und deren
eigenthümliche buchftaben fie nachahmten.
Die fprache zeigt eine niederdeutfche mundart, aber eine nicht ent-
fchiedene, nach dem hochdeutfchen überfchwankende. da das einzelne her-
nach in den anmerkungen Vorkommen wird, fo hebe ich hier nur den un-
fichern gebrauch der linguallaute hervor, der erfte fchreiber zeigt in öbethe
1 und bröthor 17 die gothifche und niederdeutfche afpirata: in lande 20 die
gothifche media, die aber auch im althochd. neben der tenuis erfcheint: an-
lautend die althochd. media in dar 22. 23. 26, daneben gothifch thär 27:
niederdeutfch ddden 22 ftatt der hochdeutfchen tenuis. auffallend ift im an-
laut die tenuis in ti 26. das hochdeutfche z nicht das niederdeutfche t in
zunguen 6 und ze 24. 28 neben te 16: ebenfo enbet 23; auch die präpof.
üt ift anzunehmen, wrie ich zu zeile 18 ausführen wrerde. zeile 22 guaez, z.30
guaz nicht guat und z. 32 guez nicht guet. der fchreiber von zeile 37 — 40
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hat dm, dagegen tine in der letzten zeile entfprieht dem ti in zeile 26. diefe
mundart gehört in das nordweftliche Deutfchland, beftimmter fie zu be-
zeichnen wage ich nicht, gu für w weift nach dem Niederrhein, das trübe ä
für a und die volle form garabe nach Angeln.
Ich gehe zur erörterung des einzelnen über.
1. houbit fteht in allen deutfehen fprachen feft, denn die angelfächfifche ne-
benform heafde, die im Sprachfchatz 4,755 angeführt wird, ift aus den
ftellen bei Lye Manning nicht mit ficherheit zu erweifen, und das im wör-
terbuche zum Ulfilas von Gablentz und Loebe f. 59 angeführte dänifche
hovede kann ich nicht beftätigen; auch Wernher vom Niederrh. fchreibt
övith 21,22; obethe kommt alfo nur hier vor. Richthofen hat feite 798.
799 den plural hafde, doch der würde hier unpaffend fein, oder man
müfte annehmen der abfehreiber habe ihn ohne rückficht auf das lateini-
fche gefetzt, weil er in den folgenden gloffen gebraucht wird, auch an
einen Übergang in hübe darf man nicht wohl denken; vergl. Haupts zeit-
fchrift 1, 136. das anlautende h fehlt vor obethe wie vor an 8. 9. elpe
13. erre 19. 28. erro 31. 33. üs 16. 18. 19. ina 24. undes 42, fogar in
dem lateinifchen abuifti und ac 16. das ift niederdeutfeh (vergl. z. Wernh.
v. Niederrh. 4, 26. Graf Rudolf feite 6), allein es ift auch langobardifch
(Gefchichte der deutfehen fprache 692). Wegfall des auslautenden h wird
zu zeile 9 angemerkt werden; überhaupt gebraucht der erfte fchreiber h
nur bei der afpirata th.
2. der fchwache pluralis/offen fällt auf, umfomehr als fahs im althochdeut-
fchen nur im Angularis erfcheint, der auch in den Caffeler gloffen D, 18.
E, 3 neben capilli fteht; ich weifs nur aus einem fegenfpruch des zwölf-
ten jahrhunderts fant Marien vahfe im reim auf wahfe (Fundgr. 1, 343)
anzuführen, ff für hs ift niederdeutfeh; vergl. Grammatik l2, 465.
3. bei auren fehlerhaft auris: die Caffeler gloffen haben D, 16 richtig aures.
au für 6 entfp rieht dem gothifchen au, althochd. ao, und gehört zu 6 für
ou in obethe und ogen.
5. munda für munt ift, wie obethe, anderwärts unerhört, der plur. mundd
aber hier nicht paffend, zumal neben bucca.
6. zunguen pl. gehört nicht hierher und ift aus blofser Übereilung gefetzt: den-
tes zeigt dafs zendi zeni ftehen follte, wie in den Caffeler gloffen D, 18. gue
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bezeichnet ge, fo auch in guefelle 15. guenöz 15. fogar que zeigt quefä
26. 27. 28.
8. an, ein querftrich der fonft t bezeichnet ift nicht etwa vergeffen, da in
der folgenden zeile anfco fteht. auch in den Schlettftädter gloffen (Haupts
zeitfchrift 5, 363) hanfcuohä.
9. in anfco und bröthro 17 entfprieht 6 dem gothifchen und altfächfifchen
6, dem althochd. uo. der abfall des auslautenden Ti wie in quefä 26. 27,
in e 18 und in ti 26 weift nach Niederdeutfchland, entfprechend dem zu
zeile 1 bemerkten abfall des anlautenden Ti. guanti (Ducange hat die ver-
fchiedenen formen gantus guantus gwantus wantus) verlangt den plur.
alfo würde hochdeutfch hantfeuohä ftehen.
11. guanbe wie in der folgenden zeile für wambe, alfo n für m, wie cunt für
cumt 18. 19. w wird allzeit durch gu ausgedrückt, alfo guär 15. 24.
guane 17. gueliche 20. guas 21. guaez 22 und guaz 30. guer 31. guez
32: der andere fchreiber fetzt fogar cc in ever 37. man könnte bei die*
fer fchreibung romanifchen einflufs vermuten, allein fie ift auch lango-
bardifch und altniederrheinifch; vergl. Gefchichte der deutfehen fprache
295. 296. 692. durch diefes gu ift Greith wahrfcheinlich zu der behaup-
tung veranlafst worden, aus den confonantverhältniffen ergebe lieh dafs
der verfaffer der gloffen ein aus Gallien gekommener mönch gewefen fei;
auch W. Wackernagel irrt, wenn er in der Gefchichte der deutfehen li-
teratur f. 37 anmerkung 5 fagt die vaticanifchen gloffen feien entfehie-
dener romanifch als die Caffeler.
12. follo für das althochd. follu nach Gramm. I2,723. 24 die organifche form;
der Sprachfchatz hat 3, 479 nur beifpiele von folliu.
13. 14. elpe wäre fo viel ich weifs das ältefte beifpiel von der fchwachen im-
perativform eines ftarken verbums. im zwölften jahrhundert zeigt fie fleh
nicht ganz feiten, Genefis 67,30 ßahe. Exod. 95, 26 vare. Roland 42,
15 läze. 46, 16 fvige. 50, 24 vare. 136, 4 undermnde. Chrifti leben
(Haupts zeitfchrift 5, 25) 287 befnide. Jüngftes gericht (Fundgr. 1) 174,
2 fihe\ im dreizehnten jahrhundert mehren fich die beifpiele. indeffen
glaube ich dafs elpe als der conjunctiv mufs betrachtet werden, fromm
ift mit recht als Ein wort gefchrieben, wie es im Ludwigsl. 35 bei
Wackernagel fteht, und überall wo es fonft noch fich zeigt (bei Otfried
© Hess
18
•2-
und im Heljand) flehen mufs, zumal es, als herkömmliche formel für
gott Chriftus engel und könige, unverändert auch da gebraucht wird, wo
mehrere die anrede an Einen richten oder mehrere von Einem angeredet
werden; vergl. Grammatik 4, 299. für frouwe weift Lachmann z. Iwein
3384 einen ähnlichen gebrauch nach, helje got war der grufs des ein-
tretenden, wie man beim niefen fagte got oder Krift helfe dir Türleins
Wilhelm 35\ Marner MS. 2,169. Hermann von Fritzlar 103,10. Renner
15190: bei einer betheurung yo helf mir got Arm. Heinr. 1317. Iw. 6163.
der junge Parzival erhält von feiner mutter die lehre bei der ankunft zu
fagen got halcle dich (147, 18. 30. 138, 27), beim abfchied got hüete din
(132, 23). beim erwachen fpricht als morgengrufs die frau zum mann
friunt, got fegene dich (MS. 1,161“). es bleibt ungewis wie man dön*
auflöfen mufs, ob adjuva oder elpe als conjunctiv gemäfs, domine oder
dominus, doch macht der hacken hinter dem wort, der ebenfo bei ma-
nus und pectus 8 u. 10 vorkommt, dominus viel wahrfcheinlicher. dann
fragt lieh auch ob domne domnus zu fchreiben ift, da die zufammen-
ziehung zwar bei königen und edeln (Hildegund redet den königsfohn
Walther domne an 249. 1213, Rudlieb den liebling des königs 1, 114),
bei päbften und bifchöfen gebräuchlich, aber nach einigen ftellen, die
Ducange (2, 920 Henfchel) anführt, bei der anrede gottes die volle form
allein ftatthaft war.
15. guäre entfpricht der hochdeutfchen form wäre (Sprachfchatz 4, 1198).
das fchwierige uengelinaz erkläre ich durch wärun galinä az, wobei ich
annehme dafs gelina (reclinatorium) hier die ftarke declin. zeige, wäh-
rend der Sprachfchatz 4,1096 nur beifpiele der fchwachen hat. uen be-
trachte ich als eine verftümmelung von guären, veranlafst durch die faft
gleichlautende vorangehende partikel. die angefchleifte präpofition az
kommt z. 28 nochmals als adverb. vor und ift bekanntlich feiten, felidä
für felido, auch in der folgenden zeile, wird im Sprachfchatz 6,177 nach-
gewiefen: ebenfo fteht mettinä 24 und 28. oder follte az und zi hier
noch den acc. regieren und felida und mettina gelten? f. Gramm. 4,769.
770. zu vergleichen ift eine ftelle hei Williram 26, 23 der de muode ift,
der leinet ßh gerno an die lineberga (gitter) und in einem gedieht des
zwölften jahrhunderts da Jih die muoden an die linebergen fuln leinen
Haupts zeitfehr. 8. 151, 232. das lateinifehe par gehört zu genöz, zu ge-
19
feile aber compagn, was man für das romanifche companh compain (Ray-
nouard 4, 406) halten kann, möglicher weife ift es eine abkürzung von
compaganus bei Ducange.
16. man könnte zweifeln ob nicht Ze zu lefen fei, aber Z zeile 6 hat unten
deutlich einen querhacken, der hier wie z. 25 und 29 in Terue fehlt.
gardbe oder nach der andern fchreibung gerdbe gewährt die längft ge-
wünfchte volle form für das althochdeutfche grdfo, die Waitz (Recht
der falifchen Franken f. 136) auch in der bignonifchen formel gerafjo
nachgewiefen hat, wie fie ferner in einer dem achten jahrhundert zuge-
hörigen Parifer handfchrift der Lex falica cap.32 und 45 (Pardeffus hat
feite 91 richtig gelefen, aber f. 101, wie mir J. Merkel mittheilt, gegen
die handfchrift grafionein) vorkommt; ich fehe aus einer bemerkung von
E. v. Friedenfels zu fiebenbürgifchen urkunden dafs die dortigen Sach-
fen noch heutzutage gereb für graf fagen. damit erhält die anficht ftär-
kung, welche in ga ge nur die vorpartikel fieht und in rafo die wurzel.
auch wird man hernach zu zeile 25 aus denkmälern des zwölften Jahr-
hunderts eine anzahl Wörter finden, wo die volle form der partikel er-
halten und die fyncope gr noch nicht eingetreten ift; vergl. Rechtsalterth.
753. Müllenhoff zu Waitz (Recht der Franken f. 283 folg), endlich ift
hier canet zu beachten nach der anmerkung zu 34. das inlautende b in
gardbe entfpricht dem altfächfifchen bh, das im angelfächfifchenflautet:
auch in Niederheffen hört man grebe (dorffchulz), während das Bremer
Wörterbuch greve hat.
17. guane im althochdeutfchen hwanana aber auch fchon die kürzungen
hwanan wanna wanne\ vergl. Sprachfch. 4, 1205. Gramm. 3, 202. ger
hier und 20, althochd. ii\ zeigt ein anlautendes g, wie das altfächfifche
gi und das angelfächfifche ge gi, womit hier ge 22 völlig zufammen
kommt, für manfio, ort wo man auf einer reife die nacht zubringt, find
zwei deutfche ausdrücke gefetzt, brothro ift in brolhor zu beffern, wenn
man nicht eine blofse umftellung diefer mundart darin fehen mufs.
18. e wie 19. 21. 26. 27. 34, althochd. ih, mit gänzlichem abfall des confo-
nanten, auch wenn es nicht mit ne verbunden ift, vergleicht fich dem
englifchen /, denn das altfächfifche angelfächfifche und altfriefifche ge-
braucht ic9 das altnordifche elc. cunt das ebenfo in der folgenden zeile
erfcheint kann nur als kürzung cunüt für cumu üt verftanden werden,
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4$. 'Vme,
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20
zumal fonft die nöthige präpofition fehlen würde, als folche und vor
fubftantiven erfcheint bekanntlich üz fehr feiten im althochdeutfchen,
auch nicht in den älteften denkmälern, nicht im Heljand, aber öfter im
gothifchen und altfriefifchen. das übrige in der zeile ift vom abfchreiber
entftellt. fimono oder Jimino ift nemlich verfchrieben für finemo, aber
auch das ift nicht richtig, es mufte minemo gefetzt werden oder vielleicht
mine, wie ich bei der folgenden zeile zeigen will, dodon* ift unerklär-
bar, es wird döme da geftanden haben, das als ein feltenes wort (nur Ein
beleg im Sprachfchatz 5,140) von dem abfchreiber mishandelt ward ; es
entfpricht dem lateinifchen domus domini oder dei, wovon Ducange
reichliche beifpiele liefert, an das althochd. toto kann man dabei nicht
denken, es müfte wenigftens doden lauten, aber wTas foll patrinus hier
und wie kann dominus dadurch erklärt werden? auch fehlte dann üs
(hüs). der geiftliche fagt 'ich komme aus meiner kirche\ das unverftänd-
liche hat vielleicht der welcher an der zeile befferte, als kürzung von
hüs angefügt, weil er meinte das wort fei vergeffen.
19. mer, althochd. mir, ift Gramm. 4, 362. 363 erörtert und erfcheint auch
zeile 21 und 23; ich ftelle es vor die präpofition, wenn meine erklärung
von cunt richtig ift. errehüs betrachte ich als eine zufammenfetzung, min
aber wegen des folgenden vocals als eine kürzung von mine, wie z.38
fin für fine fteht. diefes mine aber für minemo ift niederdeutfch, wie
im altfriefifchen fina fine fin vorkommt; vergl. gueliche 20, gene 21
und Gramm. I2, 736.
20. gueliche, althochdeutfch welihemo, wie mine 20. die präpofition fehlt,
althochdeutfch müfte fona ftehen wie in den Caffeler gloffen (H, 18)
bei derfelben frage, fona welihero lantjkeffi? follte der fchreiber die
präpofition in feiner mundart nicht gefunden haben (fie fehlt aber nicht
im altfächf. und altfrief.), fo konnte er üt fetzen, die zweite perfon pl.
praes. auf en in cumen neben cumet 17, erfcheint ebenfo bei Konrad von
Würzburg, der aufser dem feltnern en auch et und ent gebraucht; vergl.
Haupts zeitfchr. 2, 378.
21 .gene althochd. jenemo; vergl. anm. z. 19. 20. aber francia daneben als
fern, kann nicht richtig fein und ift aus dem lateinifchen entlehnt: es
wird FranJwnö landey oder wie die form hier lautete, da geftanden
haben.
21
22. gucez mit dem angelfächfifchen ä, dagegen guaz 30. die zweite perfon
des pl. praet. auf en in däden und guären 24 entfprieht dem altfriefi-
fchen un.
23. bei enbet hat ein anderer das hochdeutfche z über das niederdeutfehe t
gefchrieben. difnare prandere findet man bei Ducange, ihm entfpricht
das romanifche difnar dirnar bei Reynouard 3,51, das heutige diner.
das perfönliche pronomen fehlt hier und z. 32, das fonlt bei der erften
perfon, auch wo kein nachdruck darauf liegt, gefetzt ift. vielleicht foll
es hier mit dem anftofsenden en zufammen fallen.
24. ich lefe guären ger ina az ze mettinä. Sprachfchatz 3, 16 az pim adfum.
25 wie 29 terue und 36 teruae: das entfprechende lateinifche wort fehlt
in den drei ftellen, als habe der fchreiber keinen ausdruck dafür ge-
gehabt: z. 25 ift ganz unüberfetzt geblieben, in terüe erblicke ich eine
herkömmliche ausrufung für traun certe. in den beiden erften ftellen
entfpricht es der althochdeutfchen betheuerung triwö, wovon der Sprach-
fchatz 5,466 einige belege beibringt; Boner 48,32. 83,32 gebraucht
noch triuwe in diefem finn, und im Liederfaal I. 300, 5 finde ich fi fprach
Uriuwe, ich enweiz dir da von ze fagenne niht\ zeile 36 ift der acc. mina
triwa unzweifelhaft, wie bei Walther 28, 31 al die wer/t! die alte form
unferes denkmals, die fich hei einer interjection erhalten konnte, ge-
währt noch die niederdeutfehe überfetzung Freidanks in der Magdebur-
ger handfehrift: der hochdeutfche text 47, 12 fchülte ein diep den an-
dern diep, daz war.re den nächgebüren liep lautet dort bl. 14a 'fcholde
eyn de/f den andern deff, das were derue fynen negeften leff3; der Nie-
derfachfe hat alfo das wrort aus eigenen mittein zugefetzt, auffallend ift
ter für /r, welches letztere fchon das gothifche althochdeutfche altfäch-
fifche angelfächfifche und altnordifchen zeigen, doch die Yorauer hand-
fehrift fetzt in dem gedieht von dem himmlifchen Jerufalem 367, 6 un-
terue neben 372, 22. 25 entriuwen, getrüen. ebenfo findet fich dort
367, 17 teri neben 372, 1 //•/, wTas kein anderer deutfeher ftamm kennt,
auch nicht in dem fanlkrit, dem griechifchen und lateinifchen fich zeigt;
nur aus letzterm liefse fich ter dem griechifchen \g gegenüber anführen,
ferner dafelbft 370,21 terahtines neben 369,11 trehtin. ja diefes ge-
dieht, das in das elfte jahr'hundert gehören kann, geht noch weiter: es
fchreibt bei für bl 368, 3 peluot neben 371, 10 pluot. her für br 364, 7
D
7YKX ^ty\r
tnücuu.
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perinne neben 368,20. 371,23 brinneten brinnent: 364,27 berune 1. be-
renne neben 370,5 brennet: 398,9 beruftwere neben 371,23 bruft:
368, 12 berucge (brücke) : 369, 6 bernnne (fons). ger für gr 364,14.28.
366,28. 367,2 gerune neben 364, 20 griune und 366,12 grüne (gruone):
364, 26 geruntfcfte: 366,14 gereize 1. gerieze (gries): 366, 16 geruen 1.
geriven (greifen) und 367,7 gerife. gel für gl 368, 19 gelas (vitrum).
gen für gn 368, 20 genaneift und zeile 27 ganaiftcn\ vergl. Servatius
2666. Gramm. 2, 370. 754 und Sprachfchatz 4, 296: die form ganeift fin-
det fich auch in Grieshabers predigten 2, 73. kel für kl 365,20 cheleine.
felttirß 370,28felahte: 371,25 umbefelozzen: 371,18 befeluzet, fern für
fm 372,18 Jemal. Jen für fn 368, 20 Jene. zew für zw 369, 23 zewene.
man darf darin keine willkür fehen, vielmehr kommen wir bei den mei-
ften diefer Wörter, deren abftammung dunkel ift, der wTurzel näher, und
nicht blofs im anlaut tritt diefe erfcheinung vor, ich bemerke auch 365,
17 halem neben 366,10 Kalme (plur.), dem lateinifchen calamus ent-
fprechend: 368, 10 burege (genit. fing.), wozu der genit. puragi im
Sprachfchatz 3,179 gehört: 368,10 forege (cura): 376,14 trehetin.
noch andere gedichte der Vorauer handfchrift liefern diefelben und wei-
tere belege, Leben Jefu 241, 1 phelegen: 268,11 zewei: 273,18forhete:
Antichrift 281,26 cheneht (knecht). Jüngftes gericht 288,12 phelegen.
Loblied auf Maria und den heil, geift 342, 21 cheleine: 343, 2 cliaraft
(kraft). Gebet einer frau 379, 2 zewein. der metrifche Phyfiologus aus
dem zwölften jahrh. in Karajans fprachdenkmalen fchreibt einmal 96, 5
veleifchlich. vergl. die anm. zu zeile 16.
Ich erkläre ge in diefer zeile durch ja: im Heljand finde ich nach
der cotton. handfchrift ge gie, wo die Münchner ja hat, auch im altfrie-
fifchen zeigt fich diefes ge. der acc. ü althochd.iwih fteht ebenfo z. 27 und
entfpricht dem altfächfifchen und altfriefifchen iu. w?ahrfcheinlich ift je-
doch dafür e (ih) zu fetzen, oder e guefa ü herzuftellen.
26. ti althochd. dih, altfächfifch und altfriefifch thi.
28. vidifti gemäfs müfte guefaflü gelefen werden, und merkwürdig wäre die
form gefäs, gefaßt für die althochd. gefällig denn fie enlfpräche dem go-
thifchen und nordifchen /, das fich im althochd. nur im präfens der ano-
malen verba erhalten hat; vergl. Gefchichte der deutfchen fprache 485.
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487. aber ich habe oben (f. 14) die gründe angegeben, weshalb ich glaube
dafs hier guefähen oder guefähet mufs gelefen werden, min wie fin 38,
althochd. minan finan. mit apocope des n der fchwachen form hier und
z. 19 der acc. erre, wie z. 33 der dativ erro, den auch der Sprachfchatz
4,992 einmal beibringt: es ift eigenthümlichkeit des nordanglifchen frie-
fifchen und nordifchen (Gefchichte der d. fpr. 951).
29. ai in nain9 das althochd. ei9 entfpricht dem gothifchen di.
31. 37 euer mit dem getrübten cc für d. iftin anlehnung für is tm\ vergl.
Richthofen f. 1144b.
32. das niederdeutfche e in guez wie z.23 in bez.
33. ich beffere er is zi fin. fin ift wie das z. 19 erörterte min zu nehmen,
ein hochdeutfcher hat finme geändert, auch ift der zufatz me und das
über z gefetzte f wie Dr Brunn ausdrücklich anmerkt, von anderer hand.
34. 35. 36 canet ift Imeht, entfprechend der form garäbe 16: auch in der
Yorauer hf. Antichrift 218, 26 findet fich cheneht; vergl. die anm. zu 25.
36. ubile ift in die zweite declination übergegangen, was e über m bedeuten
foll, weifs ich nicht.
37. die bezeichnung deffen, nach dem gefragt wird, fehlt: gemeint ift der
den befehl in der folgenden zeile ausrichten foll.
38. ich erkläre Idaphö in oder ana finan hals. Eilharts Triftrant 1796 ich
wil in an finen hals /län. wegen des bei fclaphen vorgefetzten f ift die
Gefchichte der d. fpr. 990 nachzufehen. fin für finan ift fchon zu 28 an-
geführt.
39. habeo kann hier unmöglich lateinifch fein, und wie wäre es zu erklären?
ich will eine vermutuug äufsern, eo fteht mundartlich oder durch einen
fchreibfehler für e, und habe ift der imperativ: es folgt din d.i. dinan
nach 28; das dazu gehörige hals verficht fich von felbft, denn diefe zeile
enthält die erwiderung des bedrohten, 'hüte deinen eigen hals, damit du
nicht felbft einen fchlag darauf von mir bekommfi\
40. gh bei ganc zeigt die harte ausfprache an, die man noch heutzutag im
paderbörnifchen hört. huLz erklärt eine fielle bei einem fränkifchen an-
naliften (Bouquet 6,125): dort heißt es von dem fierbenden Ludwig
dem frommen dixit bis *hüz hüz!* quod fignifioat Toras foras!3 das wort
kann demnach als ein deutfches nicht bezweifelt werden (Grammatik 3,
D 2
essisc
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779), auch nicht der zufammenhang mit hina üz (Sprachfch. 466. vergl.
hina az z. 24), Paffional 177, 73 hin üz. Lanzelet Wiener hf. 3548 und
Strickers kleine gedichte 5,17 hüze. fors für foras bei Ducange kommt
auch im altfranzöfifchen vor.
41. an diefer unverftändlichen zeile mufs ich vorüber gehn.
42. dine für dinero wie mine für minemo, wenn nicht dinre zu beffern ist;
vergl. z. 19. für die ftarke form von nafa hat der Sprachfch. 2,1101
belege.
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 42
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 42
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