© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
EINWANDERUNG
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Wildheit angeblicher sittigung und milde der Slaven entgegenzusetzen
scheint mir unrathsam, da noch die jüngeren Slaven an kriegerischem,
rohem sinn den Germanen nirgend nachstehn. * 2tioqoi, nach Procop 173
de bell. goth. 3, 14 alter gesamlname aller Slaven, und von ihm
onoQudrjv ditax^vrj/uet'oi ausgelegt, soll versetztes Serpi Srbi sein;
wer das zend. SP für SV erwägt (aspa f. skr. asva, spenta f. sl. svent),
könnte andere deutungen vorschlagen.
Tacitus ist zweifelhaft, ob die in seiner Germania den schlusz
bildenden Peucini, Veneti und Fenni germanische oder slavische Völker
seien; wir sehn ihn hier wirklich auf der scheide zwischen Deutschen,
Slaven und Finnen angelangt, doch Peucini als Bastarnae sind ihm der
spräche nach mit recht Deutsche: nur die Unreinheit ihrer ehen scheint
ihm undeutsch und sarmatisch. die räuberischen Veneti in den Wald
gebirgen zwischen Finnen und Peucinen hält er deshalb für Germanen,
weil sie schon in häusern wohnen, nicht auf wagen wie die Sarmaten.
Wenden und Serben, die wir für das nemliche volk erkennen, weichen
ihm im stamm von einander ab; doch die Verbrüderung der Sarmaten
und Daken um diese zeit unter Decebalus läszt beide ungefähr auf
gleiche stufe der Bildung setzen und den nomadenstand der Sarmaten
mag Tacitus übertreiben.
Die Finnen sind der siebente sprachstamm, und da er noch heute
über den Ural in das nordöstliche Asien reicht, in Europa den äuszer-
sten norden besetzt hält, so musz er für mächtig und uralt gelten,
wahrscheinlich war er in Europa schon vor den Kelten eingezogen 174
und durch Kellen, Germanen und Slaven aus der mitte gegen norden