© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
LANGOBARDEN
den Cherusken vertrieben war, die Langobarden dessen herstellung be
wirkten. Mit diesem Wohnsitz der Langobarden an der untern Elbe
trift nun auch vollkommen überein die läge des Bardangä (Barden-
gauwi Pertz 1, 184) im Lüneburgischen, dessen name wie der des
fleckens Bardanwic zugleich für die Barden d. i. Langobarden zeugt.
Diesen stand der dinge verdirbt nun Ptolemaeus durch seine ganz
unhaltbare Vorstellung, nach welcher die 2ovrjßoi AayyoßaQSoi zwi
schen Sigambern und Tenclerer, also westwärts gegen den Rhein ge
setzt werden, hernach aber auch bei ihm in ihrer rechten läge an der
Elbe neben Angrivariern und Dulgumniern erscheinen, wie vertrüge
sich diese ausdehnung zu der langobardischen paucilas bei Tacitus?
und wie sollen Langobarden zwischen Weser und Rhein platz gefun
den haben, wo alles mit andern Völkerschaften besetzt, keine spur von
ihnen ist?
Ich beklage, dasz Zeusz s. 94. 95. 109—111 sich auf diesen
misgrif eingelassen, einen nichtssagenden, grundlosen unterschied zwi
schen Langobarden und Lakkobarden des Ptolemaeus angenommen, und
nun den Langobarden als Westsueven eine solche erweiterung gege- Q r 22S
ben hat, dasz sie sogar die Chatten und Hermunduren unter sich be- >
greifen sollen, jene nachbarn der Sigambern und Tenkterer lassen sich
nicht einmal als Chatten auffassen, da Ptolemaeus die Chatten an an-684
derm orte, nämlich zwischen Chamaven und Tubanten ausdrücklich
nennt. Es ist also auf diese westlichen Langobarden des Ptolemaeus
kein gewicht zu legen, sondern hei den östlichen, deren läge er rich
tiger beschreibt, allein zu verharren. Die frage, ob Langobarden über
haupt suevischer abkunft waren, will ich im verfolg zu beantwor
ten suchen.
Nicht anders musz auch die alte und verbreitete sage von abkunft
der Langobarden aus Scandinavien abgelehnt werden, sie sind eben
sowenig aus der nordischen insei herangefahren, als die Gothen, und
ebensowenig zu schiffe angelangt als die Sachsen. Bei andrer gele-
genheit werde ich ausführlicher die mythen zusammenstellen und er
örtern, die sich mehrfach über die auswandcrung einzelner Stämme
erzeugten, und deren Ursache bald in eingetretne Überschwemmung des
meers, bald in ausgebrochne hungersnoth gesetzt zu werden pflegt.
Giengen schon von der kimbrischen sinflut uralte erzählungen (s. 635),
so erneuerten sie sich im verfolg der zeit und wurden auf andre Ger
manen, und von der halbinsel auf insein übertragen. Paulus läszt die
Langobarden, man ahnt nicht in welcher zeit, unter dem namen Wi-
niler, als dritten theil der durch das losz bestimmten bewohner des
eilands Scandinavien ausziehen und zuerst nach dem lande Scojiingen
gelangen. Doch schon lange vor ihm berichtete Prosper von Aquita
nien zum j. 379: Langobardi ab extremis Germaniae finibus, oceani-
que protinus littore, Scandiaque insula magna egressi, et novarum se-
dium avidi, Iborea (? Iboreo) et Ajone ducibus Vandalos primum vice-
runt; vielleicht ist hier von Scandiaque an interpolation, da der aus-
gang von der äuszersten küste Germaniens am ocean durch den aus