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arm, so acht ich nicht darauf, dein unverdroßner Fleiß ist
Ausstattung genug? Das Mädchen erschrak innerlich, denn
es konnte den Flachs nicht spinnen, und wärs dreihundert
Zahr alt geworden, und hätte jeden Tag vom Morgen bis
Abend dabei gesessen. Als es nun allein war, fing es an
zu weinen und saß so drei Tage, ohne die Hand zu rühren.
Am dritten Tage kam die Königin, und als sie sah, daß
noch nichts gesponnen war, verwunderte sie sich, aber das
Mädchen entschuldigte sich damit, daß es vor großer Be
trübnis über die Entfernung aus seiner Mutter Hause noch
nicht hätte anfangen können. Das ließ sich die Königin ge
fallen, sagte aber beim Weggehen ^morgen mußt du mir
anfangen zu arbeiten?
Als nun das Mädchen wieder allein war, wußte es
sich nicht mehr zu raten und zu helfen, und trat in seiner
Betrübnis vor das Fenster. Da sah es drei Weiber her
kommen, davon hatte die erste einen breiten Platschfuß, die
zweite hatte eine so große Unterlippe, daß sie über das Kinn
herunterhing, und die dritte hatte einen breiten Daumen.
Sie blieben vor dem Fenster stehen, schauten hinauf und
fragten das Mädchen, was ihm fehlte. Es klagte ihnen
seine Not, da trugen sie ihm ihre Hülfe an und sprachen
'willst du uns zur Hochzeit einladen, dich unser nicht schä
men und uns deine Basen heißen, auch an deinen Tisch
setzen, so wollen wir dir den Flachs wegspinnen, und das
in kurzer Zeit? ?Bon Herzen gern,' antwortete es, ^kommt
nur herein und fangt gleich die Arbeit an? Da ließ es
die drei seltsamen Weiber herein, und machte in der ersten
Kammer eine Lücke, wo sie sich hin setzten und ihr Spinnen