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Der Froschkömg oder der eiserne Heinrich.
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen
hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber
die jüngste war so schön, daß die Sonne selber, die doch so
vieles gesehen hat, sich verwunderte, so oft sie ihr ins Gesicht
schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer
dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde
war ein Brunnen: wenn nun der Tag recht heiß war, so ging
das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den
Rand des kühlen Brunnens: und wenn sie Langeweile hatte,
so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und
fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk.
Nun trug es sich einmal zu, daß die goldene Kugel der
Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe
gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und ge
radezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr
mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der
Brunnen war so tief, daß man keinen Grund sah. Da fing
sie an zu weinen, und weinte immer lauter und konnte sich
gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu
'was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, daß sich ein
Stein erbarmen möchte?' Sie sah sich um, woher die Stimme
Grimm, Märchen. - 1