Full text: Rede auf Wilhelm Grimm und Rede über das Alter

1; 
übertragen, strenggenommen scheint es fast unmöglich, 
ihre ausdrucksweise bietet selbst einheimischen kennern 
genug dunkelheiten dar, wie sollte nicht ein ausländer an 
vielen stellen straucheln? es war doch daran gelegen ein- 
mal das volle gefühl des tons und der weise, die in die- 
sen liedern anschlagen, zu empfangen; hat nicht Vossens 
Homer, soweit er im einzelnen hinter deın allzeit uner- 
reichbaren original zurückbleiben musz, dennoch dessen 
geist und lebendigen athem erfaszt und nachgebildet, da- 
durch die einsicht epischer poesie unter uns allen tiefer 
aufgethan. ich entsinne mich, dasz damals Niebuhr, dem 
die dänischen dichtungen geläufig waren, die gelungne 
färbung dieser verdeutschung rühmte, und ganz vor kur- 
zem erst ist mir ein urtheil kund geworden, das Hebel 
darüber gefällt hat und ich mich hier vorzutragen nicht 
enthalte, welche freude würde es meinem bruder bereitet 
haben, wenn die worte dieses gefeierten, mit dem volks- 
ton des liedes vertrautesten dichters jemals noch zu seinem 
ohr gedrungen wären. ‘Wenn dir’, schreibt Hebel einem 
freunde, ‘in der poesie wie in der natur frischer lebendi- 
ger morgenhauch, gekühlt über den wassern und in den 
bergen und gewürzt im tannenwald besser behagt als die 
drückende schwüle oder gar der anhauch aus einem blas- 
balg, so lies Grimms altdänische heldenlieder, balladen 
und märchen’. Wilhelms buch hat, was verwundern 
könnte, keine zweite auflage erfahren, die bald darauf ge- 
folgte neue ausgabe der originale hätte zu zahlreichen ver- 
änderungen und verbesserungen führen müssen, und die 
unterdessen aufgestiegene bekanntschaft mit unserm hei- 
mischen epos erleichterte auch das verständnis der dä- 
nischen sowie der oft noch schönern entsprechenden 
schwedischen urtexte selbst, es bedurfte keiner wörtli- 
chen, eben dadurch erschwerten nachhülfe weiter,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.